Zwei Jungs aus der Kleinstadt

QueerAuch beim 12. Xposed Festival im Moviemento werden viele Filme gezeigt, die sexuelle Normen in Frage stellen

Berlins queeres Filmfestival Xposed geht ins 12. Jahr. Vom 11. bis 14. Mai laufen im Kreuzberger Moviemento viele kurze und auch ein paar lange, aktuelle wie ältere Filme, Dokus und Spielfilme, die oft erzählerische Grenzen überwinden und sexuelle Normen sowie Rollenbilder in Frage stellen. Ihre Protagonisten entdecken ihre queere Sexualität und ihre geschlechtliche Identität, leben sie aus, stoßen auf Widerstand, überwinden ihn.

Zu den Langfilmen des Programms gehört ein Klassiker des schwulen Liebesfilms: In „Westler“ von Wieland Speck, seit einem Vierteljahrhundert Panorama-Chef bei der Berlinale, verliebt sich Felix bei einem Besuch in Ostberlin in Thomas. Da sie sich aber nur einmal pro Woche für ein paar Stunden treffen können, beschließt Thomas, über Prag in den Westen zu fliehen. Der Film aus dem Jahr 1985 wurde zum Teil mit versteckter Kamera in Ostberlin gedreht. In einer Nebenrolle ist Zazie de Paris zu sehen, die in den vergangenen Jahren mit ihren Rollen in „Tatort“ und „Lindenstraße“ einen späten, aber verdienten Karrierepush erlebt. (Freitag 12. Mai, 22.00 Uhr).

Ein weiteres Highlight ist die mexikanische Langfilm-Doku „Qeubranto (Disrupted)“ über ein schillerndes Mutter-Tochter-Paar: die Schauspielerin Doña Lilia Ortega und die transsexuelle Coral Bonelli, die als einst männlicher Kinderstar in den 70er Jahren unter dem Namen Pinolito in Mexiko Berühmtheit erlangte. Die beiden lebten zusammen, bis Ortega 2015 verstarb, zwei Jahre nach Fertigstellung des Films. Die Doku des zweifachen Teddy-Preisträgers Roberto Fiesco wurde bereits auf diversen Festivals ausgezeichnet. (Sonntag 14. Mai, 20.00 Uhr)

Den Fokus legen die Xposed-Macher aber wie immer auf den Kurzfilm: 50 internationale Beiträge zeigen sie in diesem Jahr mit einer Lauflänge von insgesamt 640 Minuten (der kürzeste dauert lediglich 2 Minuten). Der brasilianische Beitrag „Kbela“ setzt sich mit dem alltäglichen Rassismus gegen schwarze Frauen auseinander, „MeTube“ aus Österreich versteht sich gleichzeitig als Hommage und als Kritik an der grassierenden Selbstinszenierung der Webnutzer.

Heftige Repressionen

Aus Indonesien, einem Land, dessen LGBTI-Community aktuell heftigen Repressionen ausgesetzt ist, stammt „The Fox Exploits the Tiger’s Might“ über zwei Jungs, die in einer Kleinstadt ihre Sexualität entdecken. Der aktuelle britische Beitrag „The Colour of His Hair“ basiert auf einem nicht realisierten Skript für einen Film aus dem Jahr 1964, das für eine Legalisierung schwuler Beziehungen in Großbritannien plädierte (drei Jahre später wurden sie teilweise entkriminalisiert).

Insgesamt finden acht verschiedene Kurzfilm-Screenings mit Titeln wie „Transformations“ oder „Sex Dream Tales“ statt. Bei „The Box – Bodies. Reimagined“ etwa werden ausschließlich deutsche Produktionen gezeigt (Donnerstag um 19.30 Uhr, Freitag bis Sonntag um jeweils 18.30, 20.30 & 22.30 Uhr). Das Screening „Girls <3 Girls“, kuratiert von der Berlin Feminist Film Week, ist für Beiträge über Frauen reserviert, die Frauen lieben – etwa „Two Girls Against the Rain“ über ein lesbisches Pärchen aus Kambodscha, das seit der Terrorherrschaft der Roten Khmer zusammenlebt. Es ist die erste Produktion aus dem früheren Bürgerkriegsland über Mitglieder der LGBTI-Community. (Freitag, 16.00 Uhr)

Am Wochenende wird es spannend: Beim Queer Short Film Fund bewerben sich vier Filmemacher um Förderung für ihr nächstes Projekt. Wer gewinnt, entscheiden Jury und Publikum. Und am letzten Abend werden zum bereits 7. Mal die Lolly Awards für den besten internationalen und den besten deutschen Kurzfilm vergeben.

Kriss Rudolph

www.xposedfilmfestival.com/2017