Tribunal: Monsanto ist wirklich böse

Essen US-Saatguthersteller habe Menschenrechte verletzt, so das Fazit eines symbolischen Prozesses

Ernannt von Aktivisten: die „Richter“ des Tribunals Foto: picture alliance

BERLIN taz | Das „Internationale Monsanto Tribunal“ hat dem US-Saatgutkonzern Verstöße gegen die Rechte auf Ernährung, Gesundheit und eine gesunde Umwelt vorgeworfen. Zudem habe Monsanto der Freiheit der Wissenschaft geschadet.

Das Tribunal ist kein ordentliches Gericht, sondern eine Aktion von Umweltschützern. Unterstützer sind Organisationen wie Greenpeace, Demeter oder die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Die Veranstalter haben Mitte Oktober in Den Haag rund 30 „Zeugen“ auftreten lassen. Alle erhoben Vorwürfe gegen Monsanto. Von den Aktivisten bestimmte Juristen haben am Dienstagabend in einem Rechtsgutachten ihre Schlussfolgerungen veröffentlicht.

Darin stellen die „Richter“ fest, dass Monsanto das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat produziere, obwohl die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation es als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft hat. Zwar erwähnt das Tribunal, dass Behörden der USA und der EU diese Gefahr nicht sehen. Aber es bezweifelt „die Unabhängigkeit der Studien“, auf die die Ämter sich berufen. Außerdem schade das Pestizid zum Beispiel der Artenvielfalt. Viele gentechnisch veränderte Pflanzen von Monsanto würden den Glyphosatverbrauch erhöhen, da sie gegen das Mittel resistent sind.

Das Recht auf Ernährung sieht das Tribunal unter anderem dadurch verletzt, dass Monsanto Böden, Wasser und die Umwelt allgemein geschädigt habe. All das habe die Möglichkeiten zur Nahrungsmittelproduktion reduziert. „Bauern, die Monsantos aggressiver und irreführenden Taktik zum Opfer gefallen sind, wurden gezwungen, jedes Jahr Saatgut zu kaufen“, so das Tribunal.

Die Richter schreiben, Monsanto habe jahrzehntelang die Industriechemikalie PCB produziert, obwohl ihre Giftigkeit bekannt gewesen sei. Um Kritik an seinen Produkten abzuwehren, habe der Konzern Zeugen zufolge unabhängige Wissenschaftler in Verruf gebracht.

Überraschenderweise gehen die Richter nicht auf die jahrelang erhobenen Vorwürfe ein, Monsantos Gentechnik-Baumwolle habe Tausende indische Bauern in den finanziellen Ruin und den Selbstmord getrieben. Das Tribunal schreibt auch, dass ihm „keine relevanten Beweise“ vorgelegt worden seien, wonach Monsanto an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen sei. Die Juristen halten es aber für wahrscheinlich, dass solche Belege existieren. Schließlich habe der Konzern im Vietnamkrieg der US-Armee das Pestizid Agent Orange geliefert, das der Gesundheit der Bevölkerung und Soldaten geschadet habe.

Den schwersten Vorwurf, „Ökozid“, bestätigten die ­Juristen nicht

Den größten Vorwurf „Ökozid“, ein schweres Verbrechen gegen die Umwelt, bestätigten die Juristen ebenfalls nicht. Sie schreiben nur: Wenn dieses Delikt im internationalen Strafrecht existieren würde, „könnten die Aktivitäten von Monsanto möglicherweise das Verbrechen Ökozid darstellen“. Als Indiz führen sie unter anderem an, dass in Kolumbien mit Glyphosat Felder aus der Luft besprüht wurden, um gegen Drogenanbau vorzugehen. Das Tribunal forderte, Ökozid als Verbrechen anzuerkennen.

Das Gutachten setze den deutschen Chemiekonzern Bayer unter Druck, erklärte die Coordination gegen Bayer-Gefahren. Das Leverkusener Unternehmen will Monsanto kaufen. Monsanto kritisierte, das Tribunal habe „wissenschaftliche Beweise und gerichtliche Entscheidungen“ abgestritten. „Es war deutlich, dass das Endergebnis im Vorfeld bereits festgelegt worden war.“ Der Konzern hatte nicht an der Veranstaltung teilnehmen wollen. Jost Maurin