Ombudsfrau in der Flüchtlingshilfe: Hilfe für die Flüchtlingshelfer

Ex-Diakonin Annegrethe Stoltenberg wird sich als neue Ombudsfrau in Zukunft um Probleme und Streitigkeiten in der Hamburger Flüchtlingshilfe kümmern

Sieht harmonisch aus: Fahrradwerkstatt der Unterkunft an der Sophienterrasse Foto: Christian Charisius/dpa

HAMBURG taz | Simone Will wünscht sich einen Wachhund. Jemanden, der „überall rein darf“. Seit Anbeginn der Flüchtlingskrise hat sie als Mitglied der Initiative „Refugees Welcome – Karoviertel“ schon viele Konflikte zwischen städtischen Werken und ehrenamtlichen Helfern miterlebt. „Es gab nie jemanden, an den wir Freiwilligen uns mit unseren Problemen wenden konnten“, sagt Will.

Ob die ehemalige Diakonin Annegrethe Stoltenberg ein solcher Wachhund sein kann, werden die nächsten zwei Jahre zeigen. Am 1. Juli übernimmt Stoltenberg das Ehrenamt der Ombudsfrau für Flüchtlingshilfe, wie am Dienstag auf der Landespressekonferenz des Senats bekannt gegeben wurde. Die Einrichtung einer Ombudsstelle gilt für viele Aktivisten in der Flüchtlingshilfe als lange überfällig. „Die katastrophalen Zustände haben sich inzwischen von selbst aufgelöst“, kritisiert Will den späten Aufgriff der eineinhalb Jahre alten Forderung.

Sozialsenatorin Melanie Leonhard rechtfertigt die lange Zeit bis zur Verwirklichung: „Wir waren im Krisenreaktionsmodus“. Für die Einrichtung einer Ombudsstelle sei zwischen überfüllten Baumärkten und Turnhallen einfach keine Zeit gewesen.

Jetzt hat Stoltenberg also das sehnsüchtig erwartete Amt angetreten. Lange in der Bildungs- und Sozialarbeit tätig, fühlt sich die ehemalige Lehrerin und Pastorin dem konfliktreichen Arbeitsbereich durchaus gewachsen: „Nur weil es nicht mehr um überfüllte Turnhallen geht, bedeutet das ja nicht dass es keine wichtigen Themen mehr gibt.“ Sie will in ihrer Amtszeit das Augenmerk auf kulturelle Konflikte und Integration legen.

Die unabhängige und nicht weisungsgebundene Beschwerdestelle soll bei Streitfällen vermitteln und von Flüchtlingen und Ehrenämtlern, aber auch von Mitarbeitern in den Unterkünften und Bürgern angerufen werden können. Wenn Streitigkeiten nicht von den zuständigen Stellen einvernehmlich gelöst werden können, soll Stoltenberg in Aktion treten.

Während die Ombudsfrau bei Fragen des Ausländerrechts nicht eingreifen darf, soll sich der Wachhund-Traum von Simone Will zumindest teilweise erfüllen: Stoltenberg wird in ihrem Amt ungehinderter und unangekündigter Zugang zu allen Flüchtlingsunterkünften gewährt, solange dabei nicht die Privatsphäre der Geflüchteten gestört wird. Ob sie aber auch beißen kann, wird sich herausstellen müssen. „Daumenschrauben sind nicht so mein Metier“, sagt Stoltenberg. Aber auch ohne die könne man hart verhandeln.

Verwirklicht wurde die Ombudsstelle als gemeinsames Projekt des Bündnisses für Hamburger Flüchtlingshilfen (BHFI) und des Senats. Die BHFI-Mitgründerin und SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Hendrikje Blandow-Schlegel, war an der Umsetzung maßgeblich beteiligt und zeigt sich nun sehr zufrieden: „Unser Konzept ist in Deutschland einmalig.“ Stuttgart und Köln, die bereits Ombudsstellen betreiben, kümmerten sich nur um Teilbereiche wie die Erstaufnahme. In Hamburg kann sich jeder an die Ombudsfrau wenden – vom Flüchtling bis zum Anwohner.

Stoltenberg hofft, dass ihre auf den Einzelfall bezogene Arbeit auf die Dauer auch strukturelle Wirkungen entwickle.

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