Geht’s noch?
: Die Cyber-Provokation

Seit dieser Woche führt die Bundeswehr auch im Netz Krieg.
Fragt sich nur, ob das die Welt sicherer macht

Die deutsche Bundeswehr hat diese Woche eine Cyber-Einheit in Dienst gestellt, neben ihren schon bestehenden konventionellen Streitkräften. Ihr Ziel soll es sein, Deutschland aktiv gegen Gefahren aus dem Netz zu schützen und optio­nal auch offensiv gegen Hacker zu agieren, die die Absicht haben, hierzulande gegen sensible Ziele in Politik, Wirtschaft oder Kommunikationssystemen Attacken auszuüben.

Einfach ist das nicht: Mit massiver Werbung sucht die Bundeswehr gerade IT-Spezialisten, um die 13.500 Stellen zu füllen, die sich die deutsche Armee in Zukunft für das „Kommando Cyber- und Informationsraum“ wünscht.

Die Idee, für die Streitkräfte eine ­eigenständige Division zur Netzabwehr bereitzustellen, soll die Antwort sein auf die neue Art des Krieges im Rahmen der angeblichen russischen Aggression, die aus Sicht der Nato jetzt schon von Moskau hybrid geführt werde. Damit geht die Bundeswehr unter den europäischen Partnern einen Schritt nach vorne und begibt sich auf militärisches Neuland.

Inmitten der schon länger andauernden Konfrontation zwischen Westeuropa und der Russischen Föderation sind diese Schritte eben die Verwirklichung dessen, was dem Erzfeind vorgeworfen wird: einen hybriden Krieg zu führen. Dabei ist es fast schon provokativ seitens der deutschen Regierung, präventiv gegen eine Bedrohung aufzurüsten, die die Gegenseite gar nicht darstellt.

Tatsache ist, dass die deutschen Cyberkrieger auch offensive Kapazitäten bekommen sollen, mit denen sie – notfalls – eingreifen können, um die Quelle der Attacken zu neutralisieren. Nun stellt sich die Frage, ob diese Kapazitäten auch offensiv benutzt werden sollen, ohne dass Deutschland zuvor Opfer einer Attacke geworden ist.

Die Bundeswehr gibt sich jedenfalls zuversichtlich – und unbesorgt, ob sie nicht die Konfrontation mit Russland weiter schüren könnte. Moskaus Reaktion wird bestimmt in Berlin mit Spannung erwartet, wann immer sie kommen mag. Der Vorwurf, die Russen würden einen hybriden Krieg führen, wird jedoch spätestens dann ad absurdum geführt, wenn man es selber schon macht. Axel Plasa

Der Autor ist Austauschjournalist im Rahmen des IJP-Programms und arbeitet sonst bei der mexikanischen Wochenzeitung Contralínea