Effektivere Solarzellen: Freiburger Forscher auf Rekordjagd

Der Effizienz-Weltrekord der Siliziumzelle kehrt in den Breisgau zurück. Die ISE-Forscher halten auch den Rekord aller Solarzelltechnologien.

Ein Mann mit Schutzanzug betrachtet eine Solarzelle

Solarzellforschung im Reinraumlabor des Freiburger Fraunhofer-Instituts Foto: dpa

FREIBURG taz | Der Weltrekord ist seit einigen Wochen wieder in Freiburg: Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat im Labor eine Solarzelle der klassischen Silizium-Art gefertigt, die 21,9 Prozent des Sonnenlichts in elektrische Energie umwandeln kann. Das hat zuvor noch niemand geschafft.

Zuletzt hatte der Rekord bei 21,3 Prozent gelegen, erzielt im Jahr 2015 von der chinesischen Firma Trina Solar. Davor war bereits das Freiburger Fraunhofer-Institut Rekordhalter gewesen, elf Jahre lang.

Der Spitzenwert bezieht sich allerdings nur auf die multikristallinen Siliziumzellen, die – wie der Name schon sagt – aus einer Vielzahl von Kristallen des Halbleitermaterials bestehen. Sie sind, wie es beim ISE heißt, „das Arbeitspferd der Solarzellenindustrie“, weil sie mit rund 60 Prozent den größten Anteil an der Weltproduktion haben. Betrachtet man hingegen andere Zelltypen, können mitunter noch deutlich höhere Effi­zienzwerte erzielt werden.

Das gelingt zum einen mit Siliziumzellen auf Basis von Einkristallen (monokristallin genannt). Bei diesen liegt der Weltrekord – ebenfalls ganz frisch – bei 26,6 Prozent, aufgestellt von der japanischen Firma Ka­ne­ka. Und damit wird die Luft für die reine Siliziumtechnik dann schon dünn, denn das ­theoretische Maximum bei normalem Sonnenlicht liegt für diese Technik bei 29,4 Prozent.

Die Solarforscher wollen sich mit diesem Limit freilich nicht zufriedengeben. Deswegen arbeiten sie parallel längst an ganz anderen Zellkonzepten: an Mehrfachsolarzellen, die aus verschiedenen Halbleiterschichten aufgebaut sind, von denen jede einen anderen Teil des Sonnenspektrums nutzen kann.

Erst dieser Tage publizierte das ISE einen neuen Rekordwert von 31,3 Prozent, den die Freiburger Forscher mit einer Mehrfachsolarzelle auf Siliziumbasis erzielten, die mit Schichten von Gallium-Indium-Phosphid und Gallium-Arsenid belegt ist.

Oben ist noch Luft

In diesem Fall absorbiert die oberste Lage vor allem das sichtbare Licht, die mittlere einen Teil des sichtbaren Lichts und gewisse Infrarotanteile und die untere dann langwelligeres Infrarot. Bei dieser Technik sei sogar noch Luft nach oben, sagt Andreas Bett, kommissarischer Leiter des ISE: „Hiermit werden auch noch 35 Prozent möglich sein.“

Die Solarforscher wollen sich mit diesem Limit nicht zufriedengeben

Und selbst das ist nicht das Ende der Fahnenstange, denn das Spiel mit den Mehrfachzellen lässt sich noch ausweiten – auf vier oder fünf, sogar auf sechs Lagen. Und so führte dieser Weg zu einem weiteren Weltrekord, den ebenfalls das ISE hält, zusammen mit interna­tio­nalen Partnern aus Forschung und Industrie: Eine Vierfachsolarzelle erzielte im Jahr 2014 im Labor eine Ausbeute von 46,0 Prozent. Das ist aktuell der höchste Wert, den jemals eine Solarzelle schaffte, weltweit.

Nun gereichen solche Laborrekorde zweifellos zum Erwerb von Forscherehren. Für die Energiewende hingegen sind zwei andere Punkte viel wichtiger: Welcher Wirkungsgrad lässt sich in der Massenfertigung verlässlich garantieren? Und zu welchen Kosten ist das möglich? Weil die Mehrfachzellen in diesen Punkten noch nicht so weit sind, dominiert weiterhin das Silizium. „Es ist nun eine entscheidende Aufgabe der Forschung, die entsprechenden Produk­tionstechnologien zu entwickeln“, sagt Forscher Bett.

Ausbeute kann noch verbessert werden

In dieser Hinsicht ist sogar beim etablierten Silizium noch Spielraum. Denn auch bei diesen Zellen fällt die Effizienz zwischen Labor und Fabrik noch deutlich ab. Um beim Beispiel der Monokristallinen zu bleiben, die in den Instituten bis zu 26,6 Prozent erreichen: In der Fertigung kommen sie auf maximal 23 bis 24 Prozent, das Gros der Fabriken erreicht eher 21 Prozent.

Und wenn die einzelnen Zellen anschließend zu Modulen verbaut werden, sinkt die Ausbeute nochmals ein wenig – durch optische Verluste, durch die Verschaltung und weil Module immer inaktive Bereiche zwischen den Zellen aufweisen. So bleiben die Modulwirkungsgrade heute zumeist noch unter 20 Prozent hängen.

Wer sich ein Paneel fürs Dach kauft, muss also von den Laborwerten abstrahieren können. Und doch zeigen die Rekorde immer wieder die Dynamik in der Photovoltaikentwicklung – es werden für die Freiburger Solarforscher nicht die letzten Weltrekorde gewesen sein.

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