Portrait Deniz Naki
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Muss den Mund halten: Ex-FC-St.-Pauli-Spieler Deniz Naki Foto: dpa

Der Verurteilte

Seine Zukunft sieht er nicht rosig. „Ich gehe davon aus, dass ich noch im Knast landen werde“, sagte der Fußballer Deniz Naki am Donnerstag, nachdem er gerade von einem Gericht im türkischen Diyarbakir verurteilt wurde. Der 27-Jährige wurde wegen „Terrorpropaganda“ zu einer Haftstrafe von etwas mehr als anderthalb Jahren verurteilt, die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Fünf Jahre lang darf Naki sich nichts zu Schulden kommen lassen, sonst muss er hinter Gitter. Doch der Fußballer mit kurdischen Wurzeln verkündete: „Ich werde weiter den Mund aufmachen, wenn ich Menschen in Not leiden sehen.“

Genau das hat der Sportler, der von 2009 bis 2012 für den FC St. Pauli spielte, im vergangenen Jahr getan. Per Facebook-Post gedachte er den Opfern des türkisch-kurdischen Konflikts. Naki, der derzeit für den türkischen Drittligisten Amed SK kickt, wurde erst für zwölf Spiele vom türkischen Fußballverband gesperrt, dann unter dem Vorwurf der Propaganda für die verbotene kurdische Partei PKK auf die Anklagebank gesetzt. Im November wurde er erstinstanzlich freigesprochen. Der Richter sah seine Äußerungen durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Es ist derselbe Richter, der ihn nun verurteilte.

Vom FC St. Pauli erhielt Naki in den vergangenen Tagen viele Solidaritätsbekundungen. Als extrovertierter Freigeist ist er am Hamburger Millerntor unvergessen, auch wenn sich an ihm die Geister schon immer schieden. Nachdem er etwa in Rostock den Siegtreffer geschossen hatte, rammte er die FC-St.-Pauli-Flagge martialisch in den Rasen des Ostsee-Stadions und provozierte die Rostocker Fans mit einer Kopf-ab-Geste. Dafür lieben ihn einige Fans noch immer, während andere diese und weiterere Naki-Aktionen unter der Kategorie „Geht gar nicht“ verbucht haben.

Naki überlegt, Rechtsmittel gegen den Richterspruch einzulegen. Doch dann kann es noch schlimmer kommen. Unter Beobachtung steht der Deutsch-Türke sowieso. Die Spieler von Amed SK, deren Kapitän Naki ist, laufen in den kurdischen Farben auf, das Team gilt als heimliche Nationalmannschaft der Kurden. All das ist eine stetige Provokation für die türkische Regierung. MAC

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