Sportplatz
: Schon wieder miese Stimmung im Olympiastadion

FUSSBALL Hertha verspielt die Champions League und diskutiert die Pläne für ein neues Stadion

„Steil, nah, laut“ – drei Wörter, die ohne den nötigen Kontext womöglich an einen Film aus der Erwachsenenabteilung denken lassen. Mit ihnen preist Hertha BSC die neue Arena an, die der Klub bis 2025 errichtet haben will. Am Donnerstag stellte der Bundesligist die Ergebnisse einer Studie vor, die er bei einem Architektur- und Planungsbüro in Auftrag gegeben hatte.

Denn schon lange ist klar: Hertha will zum Ende des bis 2025 laufenden Mietvertrags raus aus dem überdimensionierten, kalten, zugigen Stimmungskiller Olympiastadion. Das wurde zwar vor der WM 2006 saniert und umgebaut, erfüllt aber trotzdem nicht die Bedürfnisse des Bundesligaalltags. Da will man lautes Spektakel haben – was aber eben nur geht, wenn die Fans auf steilen Tribünen nah drin sind.

Wie trist dieser Bundesliga­alltag aussehen kann, war am Freitag mal wieder zu besichtigen. Obwohl die Begegnung des Fünften mit dem Vierten anstand, es um Champions- und Europa-League-Plätze ging und Hertha BSC – noch vor Bayern und Dortmund – das beste Heimteam der Liga stellte: Große Attraktivität verströmte die Partie gegen die TSG Hoffenheim nicht. Sicher lag das zum einen am Dorfklub-Image der Gäste. So verloren sich nur wenige hundert Zuschauer im fast 8.000 Menschen fassenden Gästebereich. Doch obwohl die Platzierung beider Teams im oberen Drittel der Tabelle immerhin eine gewisse fußballerische Qualität versprach, lockte das auch unter den mit Hertha sympathisierenden oder neutralen Fußballfans nur wenige an – insgesamt kamen lediglich 42.401 Menschen, das Stadion war damit nicht mal zu60 Prozent ausgelastet.

Ein Foul und Gelb-Rot

Die Nichtgekommenen verpassten eine Partie, die sportlich ansprechend und gespickt mit spannenden Personalien war. Da war Herthas rechter Verteidiger Peter Pekarik, der zwar schon mal Deutscher Meister war (mit Wolfsburg) und mit der Slowakei an der Europameisterschaft teilnahm, in 150 Bundesliga­spielen aber noch nie ein Tor erzielt hatte. In der 32. Spielminute gegen Hoffenheim klappte es endlich. Das 1:0 egalisierte Andrej Kramaric für die TSG sieben Minuten später per Handelfmeter. Den hatte Maximilian Mittelstädt verursacht, der den erkrankten Linksverteidiger Marvin Plattenhardt vertrat.

Eine knappe Viertelstunde nach dem Seitenwechsel war es dann vorbei mit dem Vertretungsjob, weil sich der bedauernswerte Mittelstädt für ein Foul eine harte Gelb-Rote Karte einfing. In Unterzahl hatte Hertha den spielstarken Hoffenheimern nicht mehr genug entgegenzusetzen, Niklas Süle in seinem 100. Bundesligaspiel und erneut Kramaric sorgten für den 1:3-Endstand.

„Die Champions League ist ein Tick zu viel für uns“, räumte Hertha-Trainer Pal Dardai hernach ein. Tatsächlich sind es nun schon sieben Zähler Rückstand auf Platz 4, der zur Qualifikation für die Champions League berechtigen würde. Dardai gab nun die Parole aus, dass noch zwölf Punkte hermüssen. Das würde vermutlich reichen, um auf einem Europa-League-Platz ins Ziel einzulaufen. Bereits am Mittwoch geht es weiter – mit dem Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach. Sicher fehlen wird dann neben Mittelstädt auch der gelb gesperrte Kapitän Vedad Ibisevic. Ob die Zeit für eine Rückkehr Plattenhardts reicht, ist noch ungewiss. Schlecht für Hertha ist jedenfalls die eigene Auswärtsschwäche – nur neun Punkte holte man bislang auf fremden Plätzen. Gut für Hertha ist aber die Formkrise des Gegners – Gladbach konnte keines seiner letzten fünf Pflichtspiele gewinnen.

Vernehmbare Fanproteste gegen die Stadionneubaupläne gab es am Freitagabend keine, was auch die Hertha-Vereinsführung freuen sollte. Weniger erfreulich waren aber die Fangesänge in der Ostkurve. Da befasste man sich lieber mit Gerüchten über die Mutter des Ex-Hertha-Spielers Sandro Wagner. Vielleicht auch ein Grund, warum sich einige Menschen im Olympiastadion nicht so wohlfühlen. André Anchuelo