Bremen wagt sich an ein dickes Brett

Gastronomie-Gehälter

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und der Landesverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) haben am Montag einen neuen Entgelttarifvertrag für die Bremer Beschäftigten im Gastgewerbe abgeschlossen – nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich hingegen: Beide Tarifpartner wollen die Allgemeinverbindlichkeit (AV) des Vertrages beantragen. Würde dem stattgegeben, hieße das: Auch Betriebe, die nicht Dehoga-Mitglieder sind, müssten sich dann an den Tarifvertrag halten.

Für die Arbeitsbedingungen in der Gastronomie existiert bereits ein Manteltarifvertrag: Dort sind Urlaubsanspruch, Arbeits- und Pausenzeiten für alle geregelt. Bloß die Bezahlung hängt noch immer daran, ob ein Betrieb Dehoga-Mitglied ist oder nicht. Wenn nicht, gilt als Untergrenze nur der Mindestlohn.

„Das muss sich dringend ändern“, sagt Dieter Nickel von der NGG Bremen und Thomas Schlüter, Geschäftsführer des Bremer Dehoga, stimmt ihm zu – obwohl sein Verband die Interessen der Arbeitgeber vertritt und in vielen Bundesländern selbst gegen die Einführung und Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns gewettert hat.

„In der Tat gibt es für unseren Vorstoß kein großes Hallo von unserem Bundesverband“, sagt Schlüter. Aber er hat, auch im Interesse des Dehoga, durchaus gute Argumente: „Immer öfter hören wir von unseren Mitgliedern, dass die Konkurrenz unter der Gürtellinie agiert und bis zu 20 Prozent unter Tarif bezahlt“, sagt er. Es gebe Betriebe, die dieser Lohndumping-Konkurrenz nicht mehr standhalten könnten, „und es gab auch schon welche, die deswegen aus dem Dehoga ausgetreten sind.“

Den Tarifvertrag, der ab April eine Lohnerhöhung von 3,1 und ein Jahr später von 2,7 Prozent sowie deutliche Erhöhungen der Ausbildungsvergütungen vorsieht, für allgemeinverbindlich erklären zu lassen, wird allerdings schwer oder, wie Schlüter sagt: „Ein dickes Brett.“ Denn die Arbeitgeberseite des paritätisch besetzten Bremer Tarifausschusses steht nicht im Ruf, so vernünftig zu agieren wie Bremens Dehoga-Chef. schn