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Lernen über das lustvolle Sein

Körper Über Sexualität reden und dadurch das Bewusstsein verändern? „Sexological Bodyworker“ glauben daran, dass dies möglich ist

Ein gutes Selbstwertgefühl, sich im eigenen Körper zu Hause zu fühlen – zentrale Bedingung dafür ist eine erfüllte Sexualität, glaubt Mareen Scholl: „Im Körper ist alles eingeschrieben, was eine Persönlichkeit und auch unser sexuelles Wesen ausmacht.“ Scholl nennt sich „Sexological Bodyworker“, und sie betreibt eigene Praxisräume in Schöneberg und Friedrichshain.

„Im Gegensatz zu Gesprächstherapeuten arbeite ich vor allem mit dem Körper“, erläutert sie. Durch die Arbeit mit Atem, Stimme und Berührung, durch intime Erfahrungen und das Sprechen über Sexualität soll bei den KlientInnen ein Lernprozess angestoßen werden. Es gehe darum, „einen verkörperten, selbstbestätigten und selbstbestimmten Zugang zur Sexualität zu öffnen.“ Die sexuelle Lernerfahrung könne sich so auf ganz verschiedene Ebenen auswirken: den Körper, den Geist, das Selbstbewusstsein.

Zu Mareen Scholl kommen Frauen wie Männer, die Pro­bleme mit ihrer Sexualität haben. Viele sind in einer Partnerschaft, können aber ihre sexuellen Bedürfnisse nicht artikulieren. „Manche werden sogar von ihren Partnern geschickt“, so Scholl. Andere sind Neugierige auf der Suche nach Selbsterfahrung. Wieder andere haben bereits Erfahrung in Tantra oder Tao – Sexualpraktiken, die auch auf der Forschung mit dem Körper basieren.

Mareen Scholl versteht sich als „somatische“, also körperliche Sexualberaterin. Ihre Arbeitsweise soll in einem professionell vertrauensvollen und sicheren Rahmen intime Erfahrungen ermöglichen. Ihre Tätigkeit sieht sie im Bereich Coaching angesiedelt. Um sich angesichts der verschärften Gesetzgebung zur Prostitution abzugrenzen, aber auch um ihre Rolle im Verhältnis zu ihren Klienten zu statuieren, betont sie, dass sie bei ihrer Tätigkeit angezogen ist und es nicht darum gehe, vordergründige Bedürfnisse zu befriedigen, sondern darum, Lernziele zu formulieren und zu verfolgen.

Das Konzept der Sexological Bodywork wurde in den USA entwickelt, mit Ausbildungsgang und Diplomabschluss. Anerkannt ist der Beruf bisher aber nur in Kalifornien. Das europäische Mutterinstitut sitzt in Zürich und nennt sich International Institute For Sexological Bodywork. Auch in Berlin wird die Ausbildung seit Neuestem angeboten, Mareen Scholl ist Ausbilderin (enter-space.net). Deutsche Krankenversicherungen übernehmen die Kosten für die Behandlung aber nicht.

Mirko Heinemann