Niederlande

Heute in einer Woche wählen die Niederländer ein neues Parlament. Rechtspopulist Geert Wilders’PVV liegt derzeit vorne – wie kommts?

Wie rechts darf’s denn sein?

Parteien Marktliberale und Populisten liegen Kopf an Kopf. Im Aufwind: GroenLinks, Protestparteien und die ethnisch orientierte Bewegung DENK

AMSTERDAM taz | Das große Duell, das den niederländischen Wahlkampf dominiert, findet zwischen zwei rechten Parteien statt. Auf der einen Seite steht die regierende Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD), die dem Land seit 2010 einen harten Sparkurs verordnet hat und nun das erhoffte Haushaltsplus vorweisen kann. Einmal mehr wird sie angeführt von Mark Rutte, der eine dritte Amtszeit als Premier anpeilt. Auf der anderen Seite steht die PVV von Geert Wilders, die sich sozioökonomisch mitfühlend gibt, in puncto Zuwanderung dafür deutlich rabiater.

Die bei Unternehmern und Gutsituierten beliebte VVD steht für Austerität und Marktliberalismus. Es gibt eine deutliche Law-and-Order-Prägung, für die auch das Wahlprogramm mit dem Titel „Sichere Niederlande“ steht. Im aktuellen Wahlkampf versuchte Premier Rutte auch beim Thema Integration Boden gutzumachen: „Verhaltet euch normal oder geht weg“, schnauzte er in einem offenen Brief in Richtung Migranten.

PVV (derzeit 24 Parlamentssitze) und VVD (22) führen seit Monaten die Umfragen an, wobei die PVV in den letzten Wochen Sitze einbüßte. Im aktuellen Parlament sitzen elf Parteien sowie sechs davon abgespaltene Ein- oder Zweimannfraktionen. Da die Tendenz zur Zerklüftung zunimmt, wird es zunehmend schwierig, eine Koalition zu bilden.

Stärkste linke Partei ist GroenLinks (20 Sitze), die mit ihrem jungen Spitzenkandidaten Jesse Klaver nicht nur einen Charismatiker mit positiver Botschaft hat (sein aktuelles Buch trägt den programmatischen Titel „Die empathische Gesellschaft“), sondern auch ein deutlich sozialeres Profil als früher. Damit ist GroenLinks auch für Wähler der aktuell noch regierenden Sozialdemokraten (denen ein Absturz von 35 auf 13 Sitze droht) und Sozialisten (12) eine Alternative.

Auf fast gleicher Höhe mit GroenLinks liegen die Christdemokraten (CDA), die sich langsam aus einem historischen Tief herausarbeiten, und die liberalen Democraten66 (D66). Letztere profilieren sich vor allem als Förderer des Bildungssystems und Pro-Europa-Partei.

Auf der anderen Seite treten mit den rechten Voor Nederland (VNL) und Forum voor Democratie (FvD) sowie Geen Peil drei neue Parteien an, die sich ausdrücklich vom politischen Establishment absetzen wollen. VNL und FvD sind explizit EU- kritisch. Beide steuern aktuell auf einen Sitz im Parlament zu.

Vier Sitze könnte die ebenfalls neue „politische Bewegung DENK“ erreichen, die von den ehemaligen Sozialdemokraten Tunahan Kuzu und Selçuk Öztürk gegründet wurde. DENK sieht sich als „Partei aller Niederländer“ und changiert zwischen Antidiskriminierungsrhetorik und latenter AKP-Nähe. Faktisch sind es vor allem türkischstämmige Niederländer, die sich von der Partei angesprochen fühlen. Erwartet wird, dass sie vor allem den Sozialdemokraten Wähler abspenstig machen könnten. Tobias Müller