Charité weiter unter Druck

MISSBRAUCH Klinikchef war früher als bislang bekannt über Vorfall informiert

Nach den Missbrauchsvorwürfen gegen einen Krankenpfleger an der Berliner Charité hat der Vorstandsvorsitzende Karl Max Einhäupl eingeräumt, schon früher von dem Verdacht gegen den Klinikmitarbeiter erfahren zu haben. Die Charité beauftragte nun ein externes Expertengremium, das Strukturen und Informationswege überprüfen soll.

Gegen den Pfleger gibt es zudem noch andere Vorwürfe. Bereits 2011 rief die Mutter eines Kindes in der Charité-Rettungsstelle die Polizei, weil sie sich von dem nun verdächtigten Pfleger bedrängt fühlte – unternommen wurde nichts. Aus einem früheren Jahr soll es Akten geben, die den Verdächtigen belasten – ohne personelle Konsequenzen.

Die Charité hatte am Mittwoch Anzeige gegen den langjährigen Pfleger erstattet, eine Woche nachdem er ein 16-jähriges Mädchen, das bereits Beruhigungsmittel bekommen hatte, für eine Behandlung entkleidete. Dabei soll er sie im Genitalbereich berührt haben.

Intern rangen verschiedene Charité-Gremien offenbar tagelang darum, wie sie mit diesem Vorwurf umgehen. Dabei soll sich die Kinderschutzgruppe der Berliner Charité für eine Anzeige ausgesprochen haben, die Rechtsabteilung verlangte dafür aber eine klare Begründung. Der Verdächtige selbst wurde am vergangenen Montag zu den Vorwürfen gehört. Erst am Dienstag informierten die Charité-Gremien Klinikchef Einhäupl detailliert zu dem Fall.

Dass die Vorwürfe und auch die unprofessionelle Aufarbeitung mehr als ein Imageschaden für die Charité sind, sieht auch Einhäupl so. „Ich versuche selber, das alles besser zu verstehen“, sagte er. „Die Charité hat aber zu keiner Sekunde versucht, etwas zu vertuschen.“ Das Problem sei, dass die Informationsflüsse nicht transparent und organisiert genug gewesen seien. (dpa)