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Nordrhein-Westfalen Der Polizeigewerkschafter Rainer Wendt bezog Beamtensold, ohne als Polizist zu arbeiten. CDU und Linke nehmen NRW-Innenminister Jäger ins Visier

Keine Gnade: Die CDU geht auf Distanz zu ihrem Mitglied Foto: Volker Wiciok

DÜSSELDORF dpa | Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, steht in der Kritik. Er soll jahrelang als Polizist bezahlt worden sein, ohne als solcher gearbeitet zu haben.

„Große Töne spucken – aber mit der Wahrheit auf Kriegsfuß“, kritisierte der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner am Samstag auf Twitter. Der Thüringer Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) schrieb, ihm falle dazu das Kinderbuch „Die Raupe Nimmersatt“ ein. Und die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger: „Der wohl lauteste Mahner für mehr Law and Order nimmt es in eigener Sache wohl nicht so genau.“ Die Besoldungs- und Freistellungspraxis des nordrhein-westfälischen Innenministeriums müsse hinterfragt werden.

Das wird wohl geschehen. Auf Antrag der CDU-Opposition soll NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) dem Innenausschuss des Landtags am Donnerstag Rede und Antwort stehen. Die CDU will unter anderem wissen, seit wann Jäger von der Besoldung wusste und in welcher Gesamthöhe Wendt Zahlungen erhalten hat. Der innenpolitische Sprecher der Linken in NRW, Jasper Prigge, erstattete Strafanzeige gegen den Innenminister – wegen des Verdachts der Untreue. Es stelle sich auch die Frage, warum Wendt Journalisten „belogen“ und dies damit begründet habe, Minister Jäger „schützen“ zu wollen.

Wendt hatte vor laufender Kamera eingeräumt, ein Teilzeitgehalt als NRW-Polizist zu beziehen, nachdem er dies kurz zuvor noch verneint hatte. Wenig später soll er seinen Wechsel in den Ruhestand beantragt haben.

Die Affäre könnte sich zwei Monate vor der Landtagswahl noch ausweiten: Ein Sprecher des NRW-Innenministeriums deutete an, dass es sich nicht um einen Einzelfall handle. „Eine faktische Freistellung wie bei Herrn Wendt wird es für die Zukunft nicht mehr geben“, sagte er. Man werde mit „den betroffenen Gewerkschaftsvorsitzenden“ sprechen. Der NRW-Landesvorsitzende der konkurrierenden größeren Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, sagte: „Wir bezahlen unseren Landesvorsitzenden selbst, um kein Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber entstehen zu lassen.“ Er selbst lasse sein Amt als Polizist seit 2012 ruhen, sagte Plickert.

Die Entscheidung, Wendt, der CDU-Mitglied ist, weiterzubezahlen, soll während der schwarz-gelben Regierungszeit unter NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) getroffen worden sein.

Nach Wendts Angaben waren sowohl der aktuelle NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) als auch dessen Vorgänger Wolf (FDP) darüber informiert. Wendt sagte in Report München, durch seine Besoldung sollte die DPolG unterstützt werden, da diese bei den Personalratswahlen nicht genug Stimmen bekommen hatte, um eine Freistellung von Personalräten zu erreichen.

Die Linke erstattet Strafanzeige gegen Jäger wegen Verdachts der „Untreue“

Wendt soll beim Duisburger Landesamt der NRW-Polizei beschäftigt gewesen sein. Die Duisburger und die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft wollten sich dazu am Wochenende nicht äußern.

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