Kommentar Nordirland-Wahl: Vorsichtiger Fortschritt

Die protestantische Democratic Unionist Party verliert Stimmen und muss nun koalieren. Sie hatte als einzige Partei für den Brexit gestimmt.

Frauen beugen sich über Wahlzettel, die gerade ausgeschüttet werden

Demokratie, ausgeschüttet: Die katholisch-nationalistische Sinn-Féin-Partei legte bei der nordirischen Regionalparlamentswahl zu Foto: dpa

Die Wahl zum nordirischen Re­gio­nalparlament am Donnerstag hat die politische Landschaft der ehemaligen Krisenprovinz verändert. Die protestantische Democratic Unionist Party (DUP) hat einen Dämpfer erhalten und kann nicht mehr länger regieren, ohne Rücksicht auf den katholisch-nationalistischen Koali­tions­partner Sinn Féin zu nehmen.

Es ging ja nicht nur um die absurden Subventionen für grüne Energie, die der DUP geschadet haben – sondern auch um den Brexit, den die DUP als einzige nordirische Partei befürwortet hat. Die Mehrheit der Nordiren befürchtet, dass der aufgrund des Friedensprozesses erreichte Aufschwung und die offenen inneririschen Grenzen durch den Brexit zunichtegemacht werden könnten. Das erklärt die hohe Wahlbeteiligung, die Sinn Féin zugute kam, weil sich die Partei für den Verbleib in der EU einsetzt.

Zum ersten Mal gab es auch vorsichtige Anzeichen, dass die Trennlinien zwischen den katholisch-nationalistischen und protestantisch-unionistischen Lagern überschritten worden sind. Die Social Democratic and Labour Party (SDLP) und die Ulster Unionist Party (UUP), die vor nicht allzu langer Zeit die Politik in Nordirland dominierten, hatten vor der Wahl dazu aufgerufen, in bestimmten Wahlkreisen die Zweitstimme der jeweils anderen Partei zu geben, um die gemäßigten Fraktionen im Regionalparlament zu stärken.

Das hat bedingt geklappt. Es waren nur wenige Wähler, die dem Aufruf gefolgt sind, aber diese haben in einigen Wahlkreisen den Ausschlag gegeben, sodass die DUP dort Sitze verlor.

Positiv ist auch zu vermerken, dass die DUP nicht die für ein Veto notwendigen 30 Mandate bekommen hat. Nun könnte Nordirland theoretisch ins 21. Jahrhundert eintreten und zum Beispiel gleichgeschlechtliche Ehen sowie Abtreibung legalisieren, was die DUP bisher verhindert hat. Aber: Sinn Féin hat sich in solchen Fragen in der Vergangenheit bisweilen ebenfalls wenig fortschrittlich verhalten.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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