Der Metzger

Wie machen Sie das?

Foto: Westend/getty

Michael Spahn, 56, aus Frankfurt am Main ist Metzger. Und ernährt sich vegan. In seinem Laden verkauft er Fleisch und Sojaprodukte.

taz.am wochenende: Herr Spahn, seit vier Jahren sind Sie Veganer – obwohl Sie eine Metzgerei betreiben. Wie machen Sie das?

Michael Spahn: Ich bin kein Veganer, sondern ernähre mich vegan. Diese Unterscheidung ist wichtig. Wäre ich Veganer, könnte ich nicht als Metzger arbeiten.

Warum ernähren Sie sich vegan?

Aus gesundheitlichen Gründen. Als ich noch Fleisch aß, hatte ich Bluthochdruck und Diabetes. Da ich mich nicht bis an mein Lebensende spritzen wollte, kam ich zu dem Schluss: Du musst was ändern.

Ist Ihnen die Umstellung schwer gefallen?

Klar, der Anfang war hart, aber mein Körper hat mich belohnt: Nach drei Monaten war mein Diabetes weg. Insulin habe ich mir nie mehr gespritzt.

Wie reagieren Ihre Kunden?

Mit Neugier. Allen fällt auf, dass ich vierzig Kilo abgenommen habe. Von Kollegen werde ich oft angefeindet. Einer schrieb mir einen bitterbösen Brief, in dem er mich als Nestbeschmutzer bezeichnete.

Ekelt Sie der Umgang mit Fleisch, seit Sie keines mehr essen?

Nicht so sehr der Umgang, mehr die Herstellung. Bei Schlachtungen kann ich nicht zusehen – schon seit 25 Jahren habe ich mir das nicht mehr angetan. Meine Angestellten schlachten in der Rhön, wo auch die Tiere aufwachsen. In Frankfurt verkaufen wir das Fleisch nur noch, unsere Produktion ist mittlerweile rein vegan. Sehr beliebt sind unsere veganen Würste.

Wann kamen Ihnen die ersten Zweifel?

Bereits in meiner Ausbildung zum Metzger mit Anfang zwanzig hatte ich Probleme, mit anzusehen, wie Tiere getötet werden. Nur war der Gruppendruck so hoch, dass ich mitgemacht habe. Später habe ich mir Betriebe gesucht, die nicht selbst schlachten.

Haben Sie mal darüber nachgedacht, als Metzger aufzuhören?

Klar. Eineinhalb Jahre habe ich ein veganes Bistro betrieben, 60.000 Euro habe ich dabei verbrannt. Meine Metzgerei weiterzubetreiben, ist alternativlos. Ich trage Verantwortung für meine Familie und meine Angestellten.

Wieso sind Sie Metzger geworden?

Aus Faulheit. Als Teenie habe ich es versäumt, mich um einen Praktikumsplatz zu kümmern, da besorgte mir meine Lehrerin einen in einer Metzgerei. Nach dem Praktikum wurde mir eine Lehrstelle angeboten, aus Verlegenheit habe ich die angenommen. Heute würde ich einen anderen Weg gehen.

InterviewLea Wagner