Dutertes Kritiker werden abgesägt

Philippinen Der Präsident geht weiter gegen seine Gegner vor. Die Opposition verliert wichtige Posten

PEKING taz | Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte hat seine Macht weiter ausgebaut. Am Montag verloren mehrere Oppositionspolitiker dank der hinter Duterte stehenden Senatsmehrheit einflussreiche Posten. Der Vizepräsident des Hauses, Franklin Drilon, wurde abgesetzt, sowie die Vorsitzenden der Ausschüsse für Bildung, Landwirtschaft und Gesundheit, darunter die Menschenrechtsaktivistin Risa Hontiveros und Paolo „Bam“ Aquino, ein Cousin des bis 2016 regierenden Präsidenten Benigno Aquino.

Alle vier Politiker hatten sich kritisch über Duterte geäußert. Die Posten wurden mit drei Politikern aus dem Duterte-Lager nachbesetzt, sowie mit einem unabhängigen Senator.

Der Handstreich erfolgte nur drei Tage nach der Verhaftung von Senatorin Leila de Lima, der lautstärksten Gegnerin von Duterte. Die ehemalige Justizministerin soll angeblich in Drogengeschäfte verwickelt gewesen sein. Die Anklage stützt sich maßgeblich auf Aussagen inhaftierter Drogenbosse.

Der Zeitpunkt dieser Sanktionen ist kein Zufall: Der Präsident ist unter Druck, seit der Polizeibeamte Arturo Lascañas sich bereit erklärte, kommende Woche dem Senat Rede und Antwort zu Dutertes Zeit als Bürgermeister von Davao City zu stehen. Laut Lascañas hatte Duterte berüchtigte Todesschwadronen auf Kriminelle und politische Gegner angesetzt. Auch er selbst sei für Morde bezahlt worden. Die Senatorin de Lima hatte früher vergeblich versucht, dies zu beweisen.

Dass Einschüchterungen und Drohungen zu seinem machtpolitischen Repertoire gehören, hat der 70-jährige Duterte seit seinem Amtsantritt 2016 immer wieder bewiesen. Kritiker seines brutalen Drogenkriegs, dem mittlerweile mehr als 7.000 Menschen zum Opfer gefallen sind, verflucht der Präsident gerne vor laufender Kamera. Seine Gegnerin Leila de Lima ließ er vor Monaten wissen, dass sie sich gleich selbst umbringen könne.

Auch die Vizepräsidentin des Landes, Leni Robredo, ist Duterte bereits zum Opfer gefallen, weil sie den Drogenkrieg als illegal und menschenverachtend verurteilte. Per SMS wurde sie Ende 2016 angewiesen, dem Kabinett fernzubleiben. „Was sich jetzt im Senat abspielt, ist typisch für eine Regierung, die Macht monopolisieren und jene an den Rand drängen will, die eine andere Meinung haben“, warnte Robredo in einem Fernsehinterview. „Das ist schon einmal passiert und hat den Weg zu einer Diktatur geebnet.“ Damit spielte sie auf den Niedergang der Demokratie während der langen Herrschaft von Exdiktator Ferdinand Marcos an.

Dass sich die Philippinen auf dem Weg in einen autoritären Staat befinden, befürchtet auch der Menschenrechtsanwalt José M. Diokno, dessen Vater während der Marcos-Zeit jahrelang als Regimegegner inhaftiert war. „Unsere Demokratie ist bedroht“, sagte Diokno der taz. „Unser Justizsystem wird mehr und mehr ausgehebelt und es herrscht ein Klima der Angst, genau wie damals. Die Menschen fürchten sich vor Denunziationen.“

Wie einst sein Vater kämpft Diokno nun für eine unabhängige Justiz und gegen die schleichende Untergrabung der Demokratie. Er vertritt Hinterbliebene von Opfern des Drogenkriegs und auch Lascañas. Beschimpfungen und Bedrohungen gehören zu seinem Alltag. „Ans Telefon gehe ich nur noch, wenn ich die Nummer kenne“, sagt der Jurist. Aber Schweigen sei keine Option: „Ich bin ja einer der wenigen, der sich traut, die Wahrheit zu ­sagen.“ Hilja Müller