Svenja Bergt über das Speichern von Gesundheitsdaten
: Finger weg von der Akte!

Was würde die Pharmaindustrie geben, um an einen solchen Datenberg heranzukommen?

Natürlich werden die Daten, die Versicherte in ihrer elektronischen Gesundheitsakte speichern, auf Servern in Deutschland gelagert. Das betont die Techniker Krankenkasse, nachdem sie bekannt gegeben hat, den Betrieb dieser Gesundheitsakte an das US-Unternehmen IBM zu vergeben. Trotzdem: In Zeiten, in denen US-Behörden immer wieder versuchen, auch auf Daten, die US-Unternehmen außerhalb des Landes lagern, zuzugreifen, ist diese Information nur halb beruhigend.

Denn Gesundheitsdaten sind so ziemlich das Sensibelste, was wir an Daten produzieren. Das gilt nicht nur für das Ergebnis des letzten Blutbilds. Sondern mindestens genauso für die Daten, die Millionen von Nutzern in Fitness-Apps und Trackern speichern. Wenn ein Elektrokardiogramm – die Aufzeichnung der Herzaktivität – so individuell ist, dass schon damit experimentiert wird, es anstatt eines Passworts oder Fingerabdrucks einzusetzen –, was ließe sich noch damit unternehmen? Welche Informationen lassen sich in zehn, zwanzig Jahren vielleicht daraus gewinnen? Und was würde die Pharmaindustrie geben, um an einen solchen Datenberg her­anzukommen?

Das Paradoxe ist: Helfen könnte die elektronische Sammlung an Gesundheitsdaten vor allem sehr kranken Versicherten. Die, deren Medikationsplan so lang ist, dass die zugehörigen Beipackzettel den Umfang einer Tageszeitung überschreiten. Doch genau bei diesen Patienten wird es umso mehr Begehrlichkeiten geben, an die Daten zu kommen. Wissenschaftliche Auswertungen, Werbung für neue Medikamente oder die Teilnahme an klinischen Studien. Und vielleicht irgendwann auch doch die Ermittlungsbehörde, die wissen will, wie die Herzfrequenz zu einem fraglichen Zeitpunkt aussah – könnte da jemand sehr schnell weggerannt sein?

Hoffentlich bleibt das eine Fiktion. Und hoffentlich bleibt die elektronische Gesundheitsakte das, was sie derzeit noch ist: freiwillig.

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