So viel gekeult wie selten

Virus In einem Stall in Mecklenburg-Vorpommern ist eine der größten Keulungen seit Ausbruch der Vogelgrippe in Deutschland beendet worden. In Schleswig-Holstein sollen Freiland-Gefügelhalter jetzt eine Entschädigung bekommen

Wegen der Vogelgrippe sind in einem Stall in Mecklenburg-Vorpommern gestern mehr als 100.000 Legehennen getötet worden. Der Verdacht auf den Geflügelpesterreger in einem Legehennenbetrieb in Schwanheide habe sich bestätigt, sagte eine Sprecherin des Agrarministeriums in Schwerin. Alle 106.000 Hennen mussten gekeult werden. Es handelt sich um den bislang größten Einzelfall seit Ausbruch der Geflügelpest vor rund drei Monaten.

Die aktuelle Epidemie in Deutschland ist nach Expertenmeinung die bislang schwerste seit Entdeckung der Krankheit im 19. Jahrhundert. Neben dem Vogelgrippe-Virus H5N8 zirkuliert ein weiterer Virus-Typ: H5N5. Beide sind für Vögel in den meisten Fällen tödlich, für Menschen aber ungefährlich.

In Schleswig-Holstein wird die landesweit geltende Stallpflicht nicht gelockert. „Es gibt weiterhin keine Entwarnung“, sagte Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Deshalb sollen Freiland-Geflügelhalter entschädigt werden. Bis zu 850.000 Euro stehen laut Habeck bereit. Denn Halter dürfen ihre Produkte nach EU-Recht seit Februar nicht mehr als Freilandeier vermarkten. Eier aus Bodenhaltung bringen drei bis vier Cent weniger ein. Den Schaden will Habeck aus Landesmitteln abmildern. „Pro Betrieb können maximal 15.000 Euro erstattet werden“, sagte er, mehr erlaube die EU nicht.

„Es ist eine Ausnahmesituation, in der wir die Landwirte nicht allein lassen wollen“, so Habeck. Betroffen sind 57 Betriebe mit etwa einer Viertelmillion Tieren. Das sind 14 Prozent aller Legeplätze im Land. „Es ist ja nicht die Schuld der Freilandhalter, dass es derzeit ein Aufstallungsgebot gibt“, sagte er. Eine längere Deklarierung der Eier als Produkte aus Freilandhaltung sei jedoch rechtswidrig.

Im größten Putenmastbetrieb Schleswig-Holsteins im Kreis Steinburg wurden vorige Woche alle 34.000 Puten gekeult. Die Kreisverwaltung in Itzehoe hatte Katastrophenalarm ausgerufen, um kurzfristig zusätzliches Personal heranziehen zu können. In Hamburg sind 14 Wildvögel verendet.

Auch in Niedersachsen ist ein Ende der Vorsichtsmaßnahmen nicht in Sicht. Die Landkreise Cloppenburg und Helmstedt haben die Stallpflicht verlängert. Damit geraten auch hier die Eierproduzenten unter Druck. In Bösel bei Cloppenburg wurden vorige Woche 30.000 Truthähne gekeult. Um den Betrieb wurde ein Sperrbezirk mit einem Radius von drei und ein Beobachtungsbezirk von zehn Kilometern eingerichtet. Im Sperrbezirk befinden sich 17 Geflügelhalter mit knapp 104.000 Tieren, im Beobachtungsgebiet sind es 185 Betriebe mit rund 2,3 Millionen Tieren. smv