Richter nach Trumps Geschmack

USA Der US-Präsident gibt seinen Kandidaten für den Obersten Gerichtshof bekannt. Neil Gorsuch ist konservativ, kein Extremist. Doch steht im Senat ein Kampf bevor

Zeremonie im Weißen Haus: Donald Trump mit seinem Kandidaten Neil Gorsuch Foto: Carolyn Kaster/dpa

Von Bernd Pickert

BERLIN taz | Der 49-jährige Bundesrichter Neil Gorsuch aus Colorado soll neuer Richter am Obersten Gerichtshof der USA werden. Präsident Donald Trump gab seine Nominierung am Dienstagabend im Weißen Haus bekannt – bei einer Zeremonie, der sämtliche geladenen demokratischen Abgeordneten und Senatoren bewusst fernblieben.

Gorsuch soll den vakanten Sitz des bereits im Februar vergangenen Jahres verstorbenen konservativen Richters Antonin Scalia einnehmen. Dazu muss er allerdings vom Senat bestätigt werden – und schon unmittelbar nach Bekanntwerden des Namens haben demokratische Senatoren Widerspruch angemeldet.

Es gilt als sicher, dass die Demokraten versuchen werden, die Bestätigung durch die Inanspruchnahme der „Filibuster“-Regelung zu blockieren – letztlich ein Geschäftsordnungstrick, aufgrund dessen die Bestätigung eine Mehrheit von 60 der 100 Senatoren erfordert. Die Republikaner verfügen über 52 Sitze.

Präsident Trump hatte allerdings bereits darauf gedrungen, das der republikanische Senatschef Mitch McConnell in diesem Fall die sogenannte „Nuclear Option“ anwenden solle – eine Änderung der Senatsregeln, mit der das Minderheitenveto ausgeschlossen wird. Das hatte im Jahr 2013 der damalige demokratische Mehrheitsführer Harry Reid für nahezu alle Nominierungen durchgesetzt – mit Ausnahme jener für den Obersten Gerichtshof.

Um Gorsuchs fachliche Qualifikationen geht es dabei kaum. Als Gorsuch 2006 von dem damaligen Präsidenten George W. Bush für das Amt des Bundesrichters an einem Berufungsgericht in Colorado vorgesehen wurde, regte sich im Senat keinerlei Widerspruch – er wurde durchgewinkt. Gorsuch ist Absolvent der besten Jura-Fakultäten, Klassenkamerad von Barack Obama in Harvard, er gilt als brillanter Jurist – und als Konservativer.

Wie sein Vorgänger Antonin Scalia neigt er zu einer textualistischen Verfassungsinterpretation, die sich an Intention und Umständen von Gesetzen zum Zeitpunkt ihres Abfassens orientiert und nicht an seither veränderten gesellschaftlichen Realitäten. „Es ist die Rolle von Richtern, die Arbeit der Volksvertreter anzuwenden, nicht, sie zu verändern“, sagte Gorsuch am Dienstagabend im Weißen Haus. Damit erinnert er an einen von Präsident George W. Bush oft benutzten talking point: Wann immer ihm und den Republikanern Urteile des Obersten Gerichtshofes nicht gefielen, hieß es, die Richter, „regierten von der Richterbank aus“.

Brillanter Jurist, Kommilitone Obamas in Harvard – und konservativ

Allerdings: Je blockierter der Kongress wurde, desto mehr hing gesellschaftlicher Fortschritt tatsächlich vom Obersten Gerichtshof ab – etwa das Urteil zur landesweiten Durchsetzung der gleichgeschlechtlichen Ehe vom Juni 2015.

Gorsuchs Bestätigung würde die Mehrheitsverhältnisse im Obersten Gerichtshof noch nicht verändern: Weiterhin wären fünf Richter von republikanischen, vier von demokratischen Präsidenten nominiert. Angesichts des Alters einiger Richter – der moderate Anthony Kennedy ist 80, die liberale Ruth Bader Ginsburg wird 84 – könnte Trump jedoch noch weitere Besetzungen vornehmen und damit auf Jahrzehnte eine konservative Mehrheit des Gerichtes sichern.

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