Sexpartys bringen Berlusconi einen neuen Prozess ein

Italien Expremier soll Zeuginnen während des Gerichtsverfahrens Schweigegeld gezahlt haben

ROM taz | Silvio Berlusconi hat wieder Ärger mit der Justiz. Am 5. April beginnt ein neuer Prozess gegen ihn, der Vorwurf lautet auf „Bestechung in einem Gerichtsverfahren“. Der 80-jährige Exministerpräsident Italiens soll zahlreiche der jungen Frauen, die an seinen Sexpartys teilnahmen, mit Geldzahlungen zu ihm genehmen Zeugenaussagen bewogen haben.

Ihren Anfang nahm die Geschichte um Berlusconis Orgien 2010, als die damals 17-jährige Karima El Marough in Mailand von der Polizei aufgegriffen wurde. Im Lauf der Ermittlungen kam heraus, dass sie regelmäßig Gast in der Villa Berlusconis gewesen war – mit Dutzenden anderen Mädchen. Daran schloss sich ein Prozess an, in dem der Medienunternehmer freigesprochen wurde, weil er angeblich nicht das wahre Alter des Mädchens gekannt hatte.

Doch die Staatsanwaltschaft Mailand nahm angesichts der absurden Aussagen zahlreicher Zeuginnen und Zeugen sofort neue Ermittlungen auf. Durfte man den Gästen der Partys glauben, so hatte es sich dort um „elegante Abendessen“ gehandelt, von Sex keine Spur – auch wenn Abhörprotokolle von Telefonaten unter den jungen Frauen das Gegenteil belegten, ebenso wie sie deutlich machten, dass Berlusconi sich die Gefälligkeiten hohe Summen kosten ließ.

Hohe Summen flossen jedoch auch später. Zahlreiche jener Mädchen, die vor Gericht aussagen mussten, erhielten regelmäßige Schecks. Laut Staatsanwaltschaft zahlte Berlusconi binnen vier Jahren zehn Millionen Euro Schweigegeld. Gegen 22 Zeug*innen ist deshalb schon ein Prozess wegen Falschaussage angelaufen. Jetzt kommt auch Berlusconi erneut vor Gericht. Der Vorwurf lautet auf Bestechung mit dem Ziel, einen Prozess zu manipulieren.

Mit einer Ausnahme hat Berlusconi etwa drei Dutzend Prozesse und Ermittlungsverfahren wegen Bestechung, Bilanzfälschung, Steuerhinterziehung und Unterstützung der Mafia unbeschadet überstanden. Verurteilt wurde er nur in einem Prozess. Er erhielt 2012 vier Jahre Haft, verbüßt mit nur einigen Dutzend Sozialstunden im Altersheim. Parallel zur Erhebung der neuen Anklage wurden weitere Ermittlungen bekannt, weil er auch noch in den letzten Monaten seine Party-Freundinnen ­weiter bezahlt haben soll. Michael Braun