Einsatz in der Kölner Silvesternacht: Die Polizei rudert zurück

Neue Erkenntnisse nähren die Zweifel am Vorgehen der Polizei in der vergangenen Silvesternacht. Grüne haben nun doch „kritische Nachfragen“.

eine Menschenmenge und Polizisten, im Hintergrund Polizeifahrzeuge

Vor dem Kölner Hauptbahnhof am 31. Dezember 2016 Foto: dpa

KÖLN taz | In einem Hintergrundgespräch mit Journalisten hatte Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies in der vergangenen Woche eingeräumt, dass von 425 Personen, die in der vergangenen Silvesternacht in Köln kontrolliert worden waren, nur 30 nordafrikanischer Herkunft waren. Unmittelbar nach Silvester hatte Mathies noch erklärt, man habe 1.000 junge Männer nordafrikanischer Herkunft kontrolliert, weil von ihnen Gefahr gedroht habe. Von Straftätern oder gar „Intensivtätern“ war nun aber auch keine Rede mehr.

Kurze darauf ruderte die Kölner Polizei zurück und nannte die Medienberichte zu den Nationalitäten „zum Teil irreführend“. Die Angaben stünden „unter dem Vorbehalt noch andauernder Ermittlungen“. Denn viele überprüfte Personen hätten sich „mit Dokumenten und Bescheinigungen ausgewiesen, die nicht als sichere Dokumente“ gelten könnten. Außerdem sei bekannt, dass sich manche Nordafrikaner als Kriegsflüchtlinge aus Syrien ausgeben, um hierzulande Asyl zu erhalten. 94 Personen waren als Syrer identifiziert worden.

Auch am Montag konnte die Polizei nicht sagen, wie viele Flüchtlinge oder Asylbewerber unter den überprüften Personen waren. Möglich ist, dass sich viele Männer nur mit Grenzübertrittspapieren auswiesen. Unklar ist auch, warum 249 Personen bislang nicht einmal vorläufig identifiziert wurden. Die Pressestelle der Polizei weist darauf hin, dass es bei dem Einsatz an Silvester in erster Linie um „Gefahrenabwehr“ gegangen sei. Festzustellen, woher diese Personen stammen, habe keinen Vorrang gehabt.

Laut Stadtverwaltung waren in der Silvesternacht allein auf der Domplatte 50.000 Menschen und verfolgten dort zwei Konzerte. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster hatte davon gesprochen, nordafrikanische Intensivtäter hätten in jener Nacht nach einer „Machtprobe“ gesucht. Durch die neuen Erkenntnisse lässt er sich nicht beirren.

Von Straftätern oder gar „Intensivtätern“ ist jetzt keine Rede mehr

„Es bleibt doch die Frage, was all diese Männer wieder in einer konzertierten Aktion an Silvester am Kölner Hauptbahnhof wollten. Selbst wenn sich sicher herausstellen sollte, dass kaum Nordafrikaner dabei waren, bleibt zu klären, was das sollte“, sagte er der taz.

Ob es eine konzertierte Aktion gab, soll nun eine Arbeitsgruppe der Kölner Polizei klären. Die Bundestagsfraktion der Grünen hat beantragt, dass die Bundesregierung am Mittwoch im Innenausschuss einen Bericht zum Polizeieinsatz an Silvester, insbesondere am Kölner Hauptbahnhof, vorlegt. „Das löst kritische Nachfragen aus“, sagte der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir am Montag in Berlin zu den neuen Erkenntnissen.

Gleichwohl bestritt ­Özdemir am ­Montag, dass seine Partei der Polizei allzu schnell einen Freibrief ausgestellt habe. Wie bei jedem Polizeieinsatz sei er auch bei diesem stets dafür gewesen, ihn „nachträglich zu bewerten“. Zur Klärung der offenen Fragen „gibt es die zuständigen Gremien“.

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