Große Technik, kleine Bildung?

Einige Bremer Betriebe sind nicht zufrieden mit dem Angebot der Berufsschulen. Sie beklagen veraltete technische Ausstattung und zu viel Unterrichtsausfall. Behörde und Schulen widersprechen

Bremen taz ■ „Wir sind in der Tat nicht zufrieden mit dem Angebot der Berufsschulen“, sagt die Sprecherin von DaimlerChrysler, Kerstin Meckler. Viele der Lehrlinge, die der Konzern zur Ausbildung als Mechatroniker oder Elektroniker in das Technische Bildungszentrum (TBZ) Mitte schickt, könnten dort nicht an modernen Maschinen arbeiten. „Unter der veralteten technischen Ausstattung leidet die Ausbildung“, sagt Meckler. Es liefen aber Gespräche mit dem TBZ, um die Lage zu verbessern.

In der Berufsschule geschieht dies in Form von Ausbildungsberatung. „Wir kooperieren gut mit den großen Betrieben“, sagt Schulleiter Jörg Metag. Er sieht zwar das Problem, dass die Schulen nicht immer auf dem neuesten technischen Stand sein können, glaubt aber auch, dass technische Neuerungen nicht in jedem einzelnen Fall nötig sind. Es gehe vor allem darum, die Kenntnisse der Azubis aus den Betrieben zu verallgemeinern, zu ergänzen und zusammenzufassen. Vertiefte Kenntnisse an neuesten Geräten könnten die Lehrlinge dann in den Betrieben vermittelt bekommen. Man wolle die ausbildenden Betriebe bestmöglich unterstützen, sagt Metag. Spenden in Form von neuen Maschinen nehme man gerne entgegen. „Ansonsten wollen wir natürlich immer das Neueste haben, aber wir wissen, dass das Geld knapp ist und fühlen uns von der Behörde gut unterstützt.“

Nach Auffassung von Airbus könnte die Unterstützung durch die Berufsschulen ruhig besser ausfallen. „Probleme gibt es nicht nur bei der technischen Ausstattung, sondern auch beim Personal. Es fallen zu viele Stunden aus“, sagt Airbus-Sprecherin Viola Armbrecht.

Das Bildungsressort widerspricht. „Der Unterrichtsausfall an Berufsschulen ist mit der geringste aller Schularten in Bremen“, sagt Sprecher Rainer Gausepohl.

Heinrich Herzog von der Berufsschule Utbremen bestätigt das. „Bei uns haben sich die Unternehmen nicht beklagt“, sagt er – sieht aber dennoch kleine Probleme bei der personellen Ausstattung. Technisch sei die Schule zwar auf dem neuesten Stand, die Lehrer müssten sich allerdings laufend fortbilden, um mit den Entwicklungen Schritt zu halten. Die Folge: Fehlzeiten besonders geschulter Kräfte, die in einzelnen Fachrichtungen in Einzelfällen auch länger ausfielen – ein Trend, der künftig noch zunehmen wird.

Die Lehrlinge von Atlas Elektronik besuchen die Schule in Utbremen. Zwar seien die Lehrer dort sehr engagiert und gut fortgebildet, doch die Ausstattung der Schule sei „extrem schlecht“, sagt Ausbildungsleiter Lutz Zegartowski. Wissensvermittlung gebe es oft nur noch in der Theorie. Die Information der Fachinformatiker des Betriebes lasse „arg zu wünschen übrig“. Dafür könne die Schule nichts. Gespräche darüber habe es vor längerer Zeit gegeben, aber die Antwort sei immer gleich gewesen: kein Geld. Der Konzern habe selbst eine gute technische Ausstattung, auch einen Schulungsraum, in den „sauviel“ investiert worden sei, so der Ausbildungsleiter. Der aber kann in dem Rüstungskonzern gar nicht von allen SchülerInnen genutzt werden – aus Sicherheitsgründen. Und die Berufsschule mit einem neuen Netzwerk oder neuen Computern auszustatten, könne sich das Unternehmen nicht leisten.

Atlas habe begonnen, seine Lehrlinge intern zu schulen, da es laut Lehrplan in den Berufsschulen nicht vorgesehen sei, den Fachinformatikern Matheunterricht zu erteilen, berichtet Zegartowski: „Ein Unding.“

Die Anforderungen aus der Industrie steigen weiter. „Wir erwarten, dass sich die Berufsschulen durchaus auch mal von uns anmeckern lassen“, sagt Viola Armbrecht von Airbus. Gespräche würden geführt, man hoffe auf Ergebnisse. Kerstin Meckler von DaimlerChrysler zerstreut Befürchtungen: „Wir denken nicht daran, unsere Azubis aus den Schulen heraus zu nehmen.“

Kay Müller