Innsbrucker Lotterie

Skispringen Die wechselhaften Windverhältnisse sorgen beim dritten Wettbewerb der Vierschanzentournee für etliche Überraschungen und den großen Unmut der Aktiven

Opfer der schlechten Bedingungen: Der Österreicher Florian Altenburger stürzt bei der Landung Foto: dpa

Aus Innsbruck Klaus-Eckhard Jost

Es hatte eine Windlotterie am Bergisel stattgefunden. Und wie es bei Lotterien eben so ist, gab es Sieger. Dazu gehörte auf alle Fälle der Norweger Daniel-Andre Tande, der seine zweites Springen während dieser Tournee gewinnen konnte und nun die Führung übernommen hat. „Eine gewisse Qualität hat sich auch durchgesetzt, Tande ist sehr gut gesprungen“, analysierte Bundestrainer Werner Schuster, „er war sicher der Glücklichste von den Top Vier.“ Zu den Überraschungsspringern gehörten aber vor allem sein Landsmann Robert Johansson und der Russe Jewgeni Klimow, die mit ihm auf dem Podest standen.

Wenn es Sieger gibt, dann gibt es auch Verlierer. „Wir teilen ein wenig das Leid mit den Österreichern“, lautete Schusters Urteil. Deren Cheftrainer Heinz Kuttin war richtig angefressen. „Speziell bei Stefan Kraft ärgert es mich“, sagte er und begründete seinen Unmut: „Der Wind kam von allen Seiten, da kann sich nie ein Luftpolster aufbauen.“ Dennoch sei die Ampel kurz vor Ablauf der 45-sekündigen Wartezeit auf Grün geschaltet worden. Genauso wie beim Deutschen Markus Eisenbichler, der den 29. Platz belegte.

Schon während des Springens waren die Emotionen hochgekocht. „Das ist ein Witz, an so einem Tag sollte man gar nicht springen“, echauffierte sich der zweimalige Doppel-Olympiasieger Simon Ammann.

Natürlich hatte es auch viele gut gemeinte Ratschläge gegeben. Kuttin fand, die Jury hätte angesichts der Bedingungen den Wettbewerb für 15 Minuten unterbrechen sollen. „Man hätte sich mit der Entscheidung mehr Zeit lassen müssen“, sagte der Österreicher. Dass nur ein Durchgang möglich sein würde, sei angesichts der Verzögerungen absehbar gewesen, weil auf der Schanze kein Flutlicht installiert ist.

„Man hätte sich mit der Entscheidung mehr Zeit lassen müssen“

Österreichs Trainer Heinz Kuttin

„Wir müssen mit der Situation umgehen und besonnen bleiben“, hatte Renndirektor Walter Hofer um Verständnis geworben. Diese brachten nach einer gewissen Zeit der Abkühlung alle Beteiligten auf. Schließlich betonen sie immer wieder, dass Skispringen eine Freiluftsportart sei, mit allen Widrigkeiten. Werner Schuster verwies auf den seitherigen Saisonverlauf: „Man muss aber auch sagen, wir hatten heuer viel Glück. Wir hatten bis Garmisch grandiose Skisprungwettbewerbe.“ Borek Sedlak, Hofers neue Assistent an der Ampel, hatte zum Einstand einen leichten Job. „Zum ersten Mal hat er ein bisschen schwitzen müssen“, sagte Schuster und lobte Sedlaks Arbeit: „Es ist eine riesige Verantwortung, er hat seinen Job bestmöglich erledigt.“ Zustimmung erhielt er auch von Sieger Tande: „Es war ein schwerer Tag für die Jury.“

Nicht mit der Jury, dafür mit dem Aufsprunghügel hat Kamil Stoch gehadert. „Die Präparierung des Aufsprungbereiches war nicht top gewesen“, kritisierte Kuttin. Deswegen hatte der Pole im Probedurchgang seinen Schreckmoment. Bei der Landung fiel er auf die linke Schulter. Lange war nicht klar, ob er zum Wettkampf antreten würde. Doch er flog den 20.000 Zuschauern entgegen und landete erst bei 120,5 Metern. Über Platz vier war er sichtlich erleichtert. Für Bundestrainer Werner Schuster war dies ein Déjà-vu. Genau vor einem Jahr war Severin Freund bei der Landung gestürzt. Dabei hatte sich der Münchner so schwer an der Hüfte verletzt, dass er im Frühjahr operiert werden musste. „Mal schauen, wie Stoch den Sturz übersteht“, sagte Schuster.

Auch der Österreicher Florian Altenburger stürzte und kam mit dem Verdacht eines leichten Schleudertraumas ins Krankenhaus. So einem Risiko wollte Florian Liegl seinem Springer Stefan Huber nicht aussetzen. Der Salzburger hatte von Österreichs Nachwuchstrainer trotz grüner Ampel wegen der gefährlich erscheinenden Bedingungen kein Freizeichen bekommen und war wegen Zeitüberschreitung disqualifiziert worden. „Wenn solche Verhältnisse sind, gibt es ein Gentlemen’s Agreement für einen Re-Start. Wir haben angefragt, aber eine Absage erhalten“, berichtete Kuttin.