Das Ding, das kommt
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Das Millimeterpapier wird bei Hanne Darboven zur Folie mathematisch akribischer Zeit-Arbeit Foto: ILA-Boy/Wikimedia

Durch die Zeit gestapft

Durch die Zeit stapfen, Millimeter für Millimeter. Versuchen, die Zwischenräume des fein linierten Papiers zu füllen und zu dehnen. Dann wieder der Zeit Verrinnen zu zelebrieren durch Abschreiben von Büchern, Artikeln, Gedichten: Wie eine Dompteuse hat sich die Hamburger Konzeptkünstlerin Hanne Darboven, der jetzt ein Film Rasmus Gerlachs gilt, der Zeit genähert. Sie hat, einer Mystikerin gleich, Daten zu Zahlen geformt, addiert, Quersummen gebildet, eigene Rhythmen, Algorithmen erfunden, um Struktur und Sinn zu verstehen.

Und hat es doch nicht geschafft, Zeit und Bewegung zu bändigen, aber immerhin: fortzuschreiben. Schrift in Zahlen in Noten in Film und Skulptur.

„Ich schreibe, aber ich beschreibe nichts“, sagte sie. Und tat so, als sei ihr, die einst Pianistin war, der Inhalt egal. War er natürlich nicht. Sorgsam wählte sie Texte Lao Tses, Luthers und Hölderlins sowie Noten, Fotos und Dokumente für ihre „Schreibzeit“-Projekte.

Ihre Lebenszeit verrann allzu schnell; 2009 starb Darboven 67-jährig. Rasmus Gerlach erweist ihr am 5. 1. in Hamburgs Metropolis-Kino in der Doku „Time Swings“ die Ehre. Gedreht in ihrem Harburger Ateliers und kommentiert von einstigen „Co-Workers“. PS