Göttinger Avantgarde

knaller-Verbot

In Göttingen ist jetzt Schluss mit lustig: Weil Privatfeuerwerker dort zu Silvester zuletzt mehr für Jagd- als für Jubelszenen gesorgt hatten, indem sie mit Raketen aufeinander oder auch auf Unbeteiligte zielten, hat die Stadt ein Böllerverbot erlassen. „Silvester 2015/16 hatten wir einige Einsätze, die auf verbotene Feuerwerkskörper und den sehr fahrlässigen Umgang damit zurückgingen, besonders in der Umgebung des Alten Rathauses“, hatte Martin Schäfer, Leiter der Berufsfeuerwehr Göttingen, erläutert. Das Verbot gilt für Feuerwerkskörper der Kategorie 2 und erstreckt sich auf die ganze Innenstadt.

Damit ist Göttingen in Norddeutschland Pionier. Zwar war schon, seit es 2008 in Goslar durch Silvesterfeuerwerk zu einem Millionenschaden gekommen war, das Silvesterzündeln dort ebenso wie in den historischen Stadtkernen von Duderstadt, Bad Gandersheim, Celle, Northeim, Hessisch Oldendorf, Hildesheim, Hann. Münden, Osterode sowie auf den Inseln Spiekeroog, Amrum und Sylt verboten – aber eben jeweils wegen Brandgefahr und nicht aufgrund des Missbrauchs der Raketen als Waffen.

Weil das jedoch immer mehr um sich gegriffen hatte, war in den Niederlanden schon 2015 jedes wilde Knallen abgeschafft worden, Düsseldorf und Dortmund zogen nach. Daher halten sich die Proteste in Göttingen in Grenzen.

Noch vor ein paar Jahren war die Stimmung anders. Als 2010 der damalige Bremer Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne) aus Klimaschutzgründen über ein Verbot nachgedacht hatte, gab es Gegenwind: Immerhin hat mit den Comet-Werken in Bremerhaven der zweitgrößte deutsche Feuerwerkhersteller seinen Sitz. Den heimischen Unternehmen das Geschäft des Jahres zunichte machen – das kommt nicht so gut.

Allerdings ist die Umweltbilanz der weitaus triftigere Grund als die paar Verletzten: Nie ist die Feinstaubbelastung in deutschen Städten so hoch wie in der ersten Stunde nach dem Jahreswechsel: Messungen haben da bis zu 4.000 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft ergeben – das Hundertfache des Jahresdurchschnittswerts. Die rund 10.000 Tonnen Feuerwerk der Deutschen belasten zudem die Atmosphäre mit Treibhausgasen, deren Klimawirkung rund 2.300 Tonnen Kohlendioxid entspricht. Das entspricht 25 Gramm CO2 pro Kopf oder 550 Überseeflügen von Hamburg nach New York und wieder zurück. bes