Naturkundemuseum in Hamburg?: Museum für den Urknall

Hamburg versteckt seine naturkundlichen Sammlungen, statt sie in einem großen Museum zu zeigen. Das könnte sich ändern.

Könnte neues Museum kriegen: 300 Jahre alter Walschädel aus der zoologischen Sammlung. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

HAMBURG taz |Mathias Glaubrecht will in Hamburg ein Naturkundemuseum etablieren. „Evolutioneum“ hat er sein Projekt getauft. Es soll ein Museum sein, das die Entstehung und Entwicklung des Universums vom Urknall bis heute erforscht und vermittelt. „Wir wollen den Bürgern mit einer spektakulären Ausstellung einen neuen Blick auf ihre Rolle in der Natur ermöglichen“, sagt er.

Glaubrecht ist Professor für Biodiversität der Tiere an der Uni Hamburg. Er leitet das Centrum für Naturkunde, das die zoologische, die mineralogische und die geologisch-paläontologische Sammlung der Stadt umfasst. Aber das „sind die am besten versteckten Museen der Stadt“, sagt er.

Zeit für eine Neuauflage

Es gab in Hamburg schon mal ein Naturkundemuseum. „Doch im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude bei einer Bombardierung zerstört“, sagt Glaubrecht. Später wurden die Sammlungen an die Uni angeschlossen. Jetzt sieht er den richtigen Zeitpunkt für die Neuauflage eines Naturkundemuseums gekommen, denn „die Museen sind seit zwei Jahren nur noch dem Präsidium direkt unterstellt. Damit sind wir deutlich freier geworden, auch in der Anwerbung von Drittmitteln.“

Außerdem sind die Gebäude, in denen die Sammlungen bisher untergebracht sind, baufällig – und nicht groß genug. Auf den 200 Quadratmetern der zoologischen Sammlung beispielsweise könnten nur etwa 1.300 der Zehnmillionen Sammlungsobjekte ausgestellt werden, sagt Glaubrecht. Die Stadt ist als Eigentümerin der Gebäude verpflichtet, Ersatz zu finden. Das muss aber nicht zwangsläufig zu einem großen Museum führen. „Ein Ersatz mit dem derzeitigen Format wäre auch möglich“, sagt Glaubrecht.

„Wir möchten aber an prominenter Stelle und in einem architektonisch interessanten Rahmen eine große Ausstellungsfläche mit angeschlossener Sammlung und Forschungseinrichtung eröffnen“, sagt er. Ein neues Konzept entsteht derzeit. „Es soll ein Museum des 21. Jahrhunderts werden“, sagt Glaubrecht und meint damit, dass die Besucher sich die Informationen , die sie interessieren, selbst beschaffen können.

Folgt man der Prognose des Centrums für Naturkunde, belaufen sich die Kosten für ein solches Projekt auf etwa auf 100 Millionen Euro plus die jährlichen sieben oder acht Millionen Euro Betriebskosten. Die Zahlen begründet Glaubrecht mit Erfahrungswerten aus anderen deutschen Naturkundemuseen in Millionenstädten.

Die Gelder könnten aber auch aus dem Bundeshaushalt und wissenschaftlichen Stiftungen kommen. Um das umzusetzen, müsste sich das Museum aber von der Uni lösen, um der Landeshoheit Hamburgs zu entfliehen. Alternativ sieht Glaubrecht Chancen innerhalb der Stadt: „Durch den Neubau des Hafenmuseums sehen wir, dass die Stadt durchaus Wert auf ihre musealen Einrichtungen legt.“

Senatorin nicht abgeneigt

„Wir befinden uns in einem gemeinsamen Prozess“, sagt Julia Offen, Sprecherin der zuständigen Wissenschaftsbehörde. Senatorin Katharina Fegebank (Grüne) habe durchaus Geschmack an der Idee gefunden. „Aufgrund von Problemen mit großen Hamburger Bauprojekten in der Vergangenheit wollen wir in diesem Fall jedoch vorsichtiger vorgehen und zunächst die Bau- und Betriebskosten genau prüfen“, sagt Offen.

Die Uni steht hinter Glaubrechts Idee. „Das Präsidium unterstützt die Bemühungen um eine Wiederentstehung des Naturkundemuseums nachdrücklich“, sagt der Präsident der Uni, Dieter Lenzen. Neben der maroden Bausubstanz und den dadurch bedingten Problemen für die Sammlung sieht er im Evolutioneum eine Chance für den Bildungsauftrag der Uni. Um dem Nachdruck zu verleihen, hat die Uni bereits 200.000 Euro für einen Umbau des Forums im zoologischen Museum bereitgestellt. Hier soll kommendes Frühjahr über das Evolutioneum entschieden werden.

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