Bremer Studie über sozialen Zusammenhalt: Eigentlich alles okay

Eine neue Studie hat den sozialen Zusammenhalt in verschiedenen Ortsteilen Bremens untersucht. Das Ergebnis: Die meisten sind zufrieden.

Steht für sozialen Zusammenhalt und die Akzeptanz von Diversität: Huchting Foto: Tnn/dpa

BREMEN taz|Dass Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verübt werden, bedeutet nicht notwendigerweise, dass auch der soziale Zusammenhalt schlecht ist: In Huchting etwa ist er einer neuen Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge sogar überdurchschnittlich gut. Anders sieht es in der Östlichen Vorstadt aus: Hier ist der soziale Zusammenhalt nur unterdurchschnittlich, ebenso wie die Akzeptanz von Diversität. Die ist in fast allen anderen Stadtteilen höher, obgleich etwa in Gröpelingen und Huchting der Anteil an EinwohnerInnen mit Migrationshintergrund mit 46 und 39 Prozent mindestens doppelt so hoch ist. Auch die BewohnerInnen des Ortsteils Riensberg sind zu 98 Prozent der Meinung, ihr Ortsteil sei ein besonders guter Ort für Flüchtlinge, während die OslebshauserInnen zu 98 Prozent der Unterbringung von Flüchtlingen in ihrem Ortsteil zustimmen.

Zu diesem und anderen Ergebnissen kommt die neue Studie, in der WissenschaftlerInnen der Jacobs University, der Bertelsmann Stiftung und der AG Wohnen den sozialen Zusammenhalt in der Hansestadt untersucht haben. Auf der repräsentativen Basis von 2.605 befragten BremerInnen aus 78 Ortsteilen haben die WissenschaftlerInnen um den Sozialwissenschaftler Klaus Boehnke untersucht, wo in Bremen der soziale Zusammenhalt besonders hoch ist. Dafür spielen insbesondere drei Faktoren eine Rolle: Die sozialen Beziehungen innerhalb des eigenen Umfelds, die Verbundenheit mit Institutionen und dem eigenen Ortsteil, sowie die Gemeinwohlorientierung, also die Frage nach Solidarität, gesellschaftlicher Teilhabe und sozialen Regeln.

Das Gesamtergebnis für die Stadtgemeinde Bremen ist so unspektakulär wie erfreulich: „Bremen ist eine intakte soziale Einheit“, sagte Klaus Boehnke bei der Präsentation der Ergebnisse. Kein Stadt- oder Ortsteil sei in allen gemessenen Faktoren in der Spitzengruppe oder das Schlusslicht. Im Gegenteil: Die BewohnerInnen zeichnen ein durchaus differenziertes Bild von ihrem Ortsteil.

Wenn es um die Kluft zwischen Arm und Reich geht, unterschiedliche Teilhabechancen oder auch Schwierigkeiten, die sich aus der Flüchtlingskrise ergeben, sehen viele Menschen in Deutschland den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Gefahr.

Kai Unzicker, Projektleiter bei der Bertelsmann Stiftung, sagt: „In Umfragen zum sozialen Zusammenhalt sagen regelmäßig 70 bis 75 Prozent der Befragten, sie hätten Angst um die Gesellschaft. Wenn man aber anders fragt“, so Unzicker weiter, nämlich nach dem sozialen Nahbereich, dann sagten genau so viele: „Eigentlich ist bei mir alles gut.“

Das sehen offensichtlich auch die meisten BremerInnen so. Das Ergebnis, so heißt es in der Studie, spreche für eine „gesunde soziale Heterogenität in Bremen“. In jedem Stadtbezirk gibt es Ortsteile mit überdurchschnittlich starken sozialen Netzen, zudem gibt es in Bremen kaum großflächig geballte soziale Brennpunkte – denn jene, die es zweifellos gibt, grenzen immerhin in vielen Fällen direkt an Ortsteile, die wiederum einen starken sozialen Zusammenhalt aufweisen. „Es ist eben nicht so, dass in Oberneuland alles in Ordnung ist und in Gröpelingen alles Mist“, resümiert Boehnke.

Das zentrale Ergebnis der Studie ist gleichzeitig eine Binsenwahrheit: BremerInnen leben lieber in einem Ortsteil mit starkem Zusammenhalt. Denn der macht gesund, glücklich und allgemein zufrieden. Wie dieser Zusammenhalt jedoch zu erreichen ist, kann nicht für alle Ortsteile gleich beantwortet werden: „Fest steht: Den Königsweg zum sozialen Zusammenhalt gibt es nicht“, sagt auch Klaus Boehnke, aber „wenn vor Ort etwas geschieht und den Menschen etwas angeboten wird, dann erhöht das den Zusammenhalt“. Die Studie soll nun deutschlandweit ausgeweitet werden.

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