Von wegen gleichberechtigt: Mann, oh Mann

Hamburgs CDU-Männer lieben Frauen so sehr, dass sie ihnen keine stressigen Ämter zumuten möchten. Schon gar nicht gut dotierte Bundestagsmandate

Einer von vier Männern auf den ersten vier Listenplätzen: Christoph de Vries nach seiner Wahl auf Listenplatz 3. Foto: dpa

Eine Niederlage kann ein Sieg sein. Zwar konnten Hamburgs Christdemokratinnen sich bei der Nominierung der Kandidaten für den Bundestag auf dem Parteitag am Donnerstagabend nicht durchsetzen, doch dürfte ihr offener Aufstand auf diesem Konvent im Bürgerhaus Wilhelmsburg als historisch in die Annalen der hansestädtischen CDU eingehen.

Es war das letzte Rückzugsgefecht der schwarzen Männer, die allesamt argumentativ ein Bild des Jammers abgaben. „Ich liebe die Frauen ja“, bekannte Karl-Heinz Warnholz, der 72-jährige Vorsitzende des CDU-Kreises Wandsbek und Partei-Rechtsaußen, „aber ich wähle den Mann.“

Zwölf KandidatInnen für die Bundestagswahl 2017 umfasste die Vorschlagsliste des „17er-Ausschusses“, eine Art erweiterter Parteivorstand, darunter fünf Frauen auf den hinteren Plätzen. Auf den aussichtsreichen ersten vier Rängen waren nur Männer nominiert, dann erst mit Herlind Gundelach eine aktuelle Bundestagsabgeordnete, die vor vier Jahren auf Rang drei kandidiert hatte. Ihre Degradierung zugunsten zweier männlicher Neulinge, Christoph de Vries und Christoph Ploß, hatte die seit Wochen andauernde Debatte über das Frauenbild der CDU im 21. Jahrhundert ausgelöst.

„Ein Erdbeben“ hatte die Vorsitzende der Frauen-Union, Marita Meyer-Kainer, daraufhin dem Vorstand angedroht, und das Bürgerhaus bebte in der Tat in einer mehr als einstündigen lautstarken und an Beleidigungen nicht armen Auseinandersetzung. Der Tiefpunkt: Als Gundelach ihre Rede zur Kampfkandidatur um Platz drei begann, ließ ein grinsender Christdemokrat auf den hinteren Bänken den Bügelverschluss seiner Bierflasche lautstark aufploppen.

„Ein Schlag gegen die Frauen in der Partei“ sei diese Vorschlagsliste, konstatierte Meyer-Kainer, und zudem ein Verstoß gegen die Bundesstatuten der CDU. Die sehen ein Quorum von einem Drittel vor: Jeder dritte Platz soll mit einer Frau besetzt werden – muss aber nicht zwingend, weshalb es der von 15 Männern dominierte „17er-Ausschuss“ auch nicht getan hatte. „Die Berücksichtigung der Frauen ist mir nicht so gut gelungen“, bekannte treuherzig dessen Chef, der 70-jährige ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete Hans-Detlef Roock.

„Wir unterbieten unsere Mindeststandards“, wetterte Fraktions-Vize Karin Prien, „so können wir uns im 21. Jahrhundert nicht präsentieren.“ Eben das aber sieht Parteichef Roland Heintze anders. „Die öffentliche Debatte hat uns nicht weitergebracht“, befand er, „es hat der Partei geschadet.“ Was seine Stellvertreterin im Landesvorstand, Birgit Stöver, alle Zurückhaltung aufgeben ließ: „Parteischädigend ist es, lieber Roland, Frauen auszugrenzen“, kanzelte sie ihren Vorsitzenden ab, und stellte klar: „Frauen, die glauben, nur mit Qualität überzeugen zu können, sind in dieser CDU auf dem Holzweg.“

Kurzfristig war die Revolte vergeblich. Gundelach verlor die Kampfkandidatur gegen de Vries mit 54 zu 85 Stimmen und fand sich am Ende auf dem ihr ursprünglich zugedachten fünften Platz wieder. Für ein erneutes Mandat würde das nur reichen, wenn die CDU 2017 in Hamburg deutlich besser abschneidet als vor vier Jahren mit 32,1 Prozent. Darauf aber deutet zurzeit nichts hin. Ploß errang den vierten Listenplatz. An der Spitze stehen die beiden altgedienten Platzhirsche Marcus Weinberg und Rüdiger Kruse.

Und an der Spitze der Partei steht ein deutlich geschwächter Chef Roland Heintze, der den Durchmarsch der Männer weder stoppen wollte noch konnte: Zukunft sieht anders aus.

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