VERGANGENE WOCHE WAREN DANN AUCH DIE BONUSKARTEN WEG
: Der letzte Kaffee

ROGER REPPLINGER

Ulrike, Matze, Tobi und ich sitzen immer am Samstag, manche sagen ja „Sonnabend“ und sprechen es „Sonnahm“ aus, im Café. Manchmal auch am Sonntag. Wir reden über alles, was so anfällt: neue Bücher, alte Freunde, neue Feinde. Es ist ein hässliches Café, es gibt in Lissabon Läden, die so aussehen. Ist aber in der Weidenallee, heißt La Pérola, und gibt’s nur noch bis Ende des Jahres. Abriss. Super.

Schon in der vergangenen Woche gab es diese kleinen Karten nicht mehr, von diesem italienischen Kaffeeröster. Man musste neun Galão haben, den zehnten gab’s für lau. Natürlich schaffen wir zehn Galão in vier Wochen, darum ging’s nicht, sondern um uns zu zeigen: „Leute, hier ist bald Ende.“

Der Fahrradständer vor dem Laden, an dem nur Radleichen hingen, ist weg. Natürlich stellt sich sofort ein Autofahrer auf die freie Fläche.

Der Laden gehört mitnichten einem Portugiesen. Wir sind doch in Hamburg. Das ist ein kleiner, flinker Türke, der auf Fußball steht, und deshalb die Spiele des HSV, des FC St. Pauli und von Werder per Beamer auf Leinwand überträgt. Der Beamer ist nicht zuverlässig. Aber der Nachbar, der Italiener, der kennt sich aus.

Dann essen die Leute Quiche oder diese verteufelt guten portugiesischen Croissants und sabbern sich Krümel auf ihr grün-weißen Schals. Und als Dessert Nata. Den Schokoladenkuchen hab ich bislang nie probiert. Sieht aus, als ob man nicht mehr davon wegkommt.

Größer und schöner

An den zwei, drei Tage an denen hier Sommer ist, sitzt man vor dem Laden, und guckt auf den einstöckigen Behelfsbau, der nach dem letzten Krieg entstanden ist. Hässlich schön und, was die Miete anbelangt, uninteressant. Ist doch besser, wenn man, statt von einem türkischen Kaffeebesitzer, von einem schmalen Haus und einem türkischen Kaffeebesitzer Miete kassiert. Mehr Miete, denn der Laden wird größer und bestimmt auch schöner. Das Haus dahinter mit den zwei Eingängen kommt auch weg – Jugendstilvilla.

Als Deko gibt es einen Schal eines portugiesischen Clubs, ein Regal mit Wein, abblätternden Putz und Fotos. Darunter eines von Nonnen, eine ist schwarz und schön. Das kann keiner designen, nur das Leben.

Wenn man ’ne Weile in dem Laden sitzt, stinken die Klamotten so nach Toast, davon wird man noch mal satt. Ich nehm’ immer einen Toast mit Schinken und Käse und einen mit Chouriço und Käse. Kann das nicht richtig aussprechen. Die Frauen, die bedienen, finden Leute, die den Laden nicht kennen und auf devote Froilleins stehen, unhöflich. Vor allem die eine. Lass mal – die passt.

Ball überm Urinal

Das Klo ist okay. Eine Zeit lang war ein Netz über dem Urinal mit einem Ball, nach dem man per Strahl zielen konnte. Das war ein Spaß! Es gibt Seife in einem kleinen Spender und Papierhandtücher und nie Klagen.

Also: Ulrike, Matze, Tobi und ich sind traurig. Das ist mal klar. Wir wissen nicht wohin. Also gehen wir jetzt mal in einen Laden bei mir umme Ecke, dann müssen die anderen radeln. Aber der Laden ist brav und nicht so hart. Wird schwer ohne „Die Perle“.