Neue Initiative auf Klimakonferenz: Hoffen auf das Marracash

Reiche Länder greifen den Entwicklungsländern bei der Umsetzung ihrer Klimaziele unter die Arme. Die Idee kam aus Deutschland.

Frau steht vor Modell eines Öko-Hochhauses in Malaysia

Alles so schön grün hier in Marrakesch: Modell eines Öko-Hochhauses aus Malaysia Foto: dpa

MARRAKESCH taz | Vietnam hat ehrgeizige Klimaziele: Bis 2030 will das Land seinen Ausstoß von Klimagasen um 25 Prozent verringern und 17 Millionen Menschen im Delta des Mekong-Flusses vor Überflutungen durch den steigenden Meeresspiegel schützen. Aber wie Vietnam, das so viel zum Klimawandel beiträgt wie Nordrhein-Westfalen, seine Emissionen deutlich verringern kann, welche Pläne die Behörden dafür machen müssen, welche Signale die Wirtschaft bekommen soll und was dort effizient gegen den steigenden Meeresspiegel zu tun ist, darüber herrscht nicht immer Klarheit.

Vietnam hat deshalb für die Umsetzung seines Klimaplans (Nationally Determined Contribution, NDC) um Hilfe gebeten bei einer Initiative, die am Dienstag auf der Klimakonferenz öffentlich gestartet wurde: In der „globalen NDC-Partnerschaft“ sind bislang auf Anregung der Bundesregierung 19 Entwicklungsländer, 14 Industriestaaten und neun Institutionen wie die Weltbank versammelt.

Beim Start der Kampagne drängelten sich drei Dutzend Minister auf der Bühne des marrokkanischen Pavillons, um das Ereignis zu feiern. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU), aus dessen Haushalt ein Großteil der deutschen internationalen Klimagelder stammen, machte den armen Ländern ein Angebot: „Wenn ihr euch auf den Weg zu einer Zukunft der niedrigen Emissionen macht, werden wir euch dabei unterstützen.“ Laurence Tubiana, die für die UNO die Klimaverhandlungen begleitet, nannte den Vorstoß „extrem wichtig für die Umsetzung des Pariser Abkommens“.

Aktion und Umsetzung

Denn die Konferenz in Marrakesch soll keine großen Beschlüsse liefern, sondern „Aktion und Umsetzung“. Und für die Realisierung der Klimapläne sind Knowhow und Geld nötig. Aber die Zusagen für Kapitalflüsse sind noch mehr: Sie sollen das brüchige Vertrauen zwischen den armen und den reichen Ländern erhalten, das in Paris aufgebaut wurde und das ab und zu schon wieder bröckelt. Die USA steuern einen unbekannten Kurs, Länder wie Indien oder Argentinien zweifeln in einzelnen Punkten wieder daran, dass die Verpflichtungen für alle gelten sollen.

Da sind die 31 Millionen Euro, die aus deutschen Töpfen in die NDC-Partnerschaft fließen sollen, eine hilfreiche Geste. Einen „wichtigen Schritt zu mehr Klimagerechtigkeit“ nannte die Hilfsorganisation „Brot für die Welt“ das Programm. Gleichzeitig verkündeten die G-7-Staaten, sie würden die Unterstützung für Versicherungen gegen Klimaschäden von 420 auf 550 Millionen Dollar aufstocken.

Jan Kowalzig, Oxfam

„Klimahilfen sind oft Kredite, die Armen nur begrenzt helfen“

Die Bundesregierung weist stolz darauf hin, dass sie ihre gesamte Finanzierung des globalen Klimaschutzes bis 2020 auf 4 Milliarden Euro jährlich verdoppeln will. Zusammen mit 4,7 Milliarden, die als Kredite mobilisiert werden, und 900 Millionen privater Investitionen sieht Deutschland sich mit 8,3 Milliarden Euro „auf gutem Weg“, die angestrebten jährlichen 10 Milliarden Dollar zu erreichen. Das etwa ist der Anteil Deutschlands an den 100 Milliarden Dollar, die die reichen den armen Staaten ab 2020 für Klimaschutz zugesagt haben.

Von diesen 100 Milliarden sind bislang nach einer OECD-Rechnung 67 Milliarden aus öffentlichen Geldern gesichert, weitere 24 Milliarden von privaten Investoren sollen mit öffentlicher Absicherung „gehebelt“ werden.

Oxfam widerspricht

Dem Eindruck, dass die Industrieländer ihre Aufgaben damit fast erledigt haben, widerspricht allerdings Jan Kowalzig von Oxfam. Für ihn sind von den 67 Milliarden maximal 34 Milliarden „klimaspezifische Hilfen“. Und auch Deutschland rechne sich großzügig Projekte zu, die nicht vorrangig in den Klimaschutz flössen. Kowalzig kommt statt 8,3 Milliarden auf höchstens 5 Milliarden. „Oft sind das Kredite. Weil sie zurückgezahlt werden müssen, helfen sie den Ländern nur begrenzt.“

Kapital ist dringend nötig. Die Entwicklungsländer schätzen, dass sie insgesamt 4 Billionen Dollar brauchen, wenn sie ihre NDC umsetzen. Und die Kosten für die Anpassung an den Klimawandel, die bisher mit etwa 100 Milliarden jährlich veranschlagt werden, haben sich nach einer aktuellen Schätzung der UN um das Vier- bis Fünffache erhöht: Sie könnten 2050 pro Jahr bei 280 bis 500 Milliarden Dollar liegen.

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