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Erfolgreich: die Damen von Turbine Potsdam Foto: camera4/imago

Schwaches Spiel, gute Stimmung

FUSSBALLNach einer eher durchschnittlicher Leistung gewinnen die Fußballerinnen von Turbine Potsdam am vergangenen Samstagnachmittag doch noch verdient gegen den USV Jena

Babelsberg am Samstagnachmittag. Ganz am Ende einer Straße steht das Stadion, an dem man großzügig angelegte Parkflächen vergebens sucht, ebenso wie Polizeibeamte oder meterlange Schlangen vor den Eingängen. Dabei spielt hier heute der Tabellenführer der Fußball-Bundesliga. Aber bei Turbine Potsdam läuft trotz glänzender Saison alles so beschaulich wie immer.

Die zum Großteil älteren Fußballbegeisterten grüßen im Vorbeigehen die altbekannte Kassiererin. „Hey, Dirk!“, brüllt ein älterer Herr mit Turbine-Sitzpolster über die prall gefüllte Haupttribüne des Stadions. Keine Reaktion des unbekannten Dirk. „Hey, Dirk!“, ruft er abermals über die Sitzplätze. „Ja ja, du bist auch wieder da“, ertönt es nach geraumer Zeit lauthals aus einer anderen Ecke. Man ist frohgemut, trotz des nasskalten Wetters. Es lebt sich halt gut an der Tabellenspitze.

Der Ko-Trainer übernahm

Vor gar nicht allzu langer Zeit sah es noch anders aus. Am Ende der vergangenen Saison stand Turbine auf Platz 7. Für das Trainer-Urgestein Bernd Schröder war es das schlechteste Saisonergebnis in seinen 45 Jahren für Turbine. Zu Saisonbeginn übernahm sein Ko-Trainer Matthias Rudolph, vierzig Jahre jünger, Typ jung-dynamisch.

Monate sind seitdem vergangen. Obwohl die Mannschaft im Kern zusammenblieb und nur wenige Spielerinnen hinzukamen, ist das Team kaum wiederzuerkennen. Turbine ist Tabellenführer, spielt sich dominant von Sieg zu Sieg. Das hätte niemand erwartet, auch nicht Rudolph, der weiterhin nur in kurzen Schritten denken möchte. Doch die Euphorie im Verein wird auch er nicht ewig kleinhalten können.

Das Spiel wird der guten Stimmung allerdings nicht gerecht, es ist zerfahren. Nur zwei Chancen springen in der ersten Hälfte für die dominanten Potsdamerinnen heraus. Turbine-Torhüterin Lisa Schmitz macht sich mit dem Mittelkreis vertraut, während Trainer Rudolph das Geschehen mit verschränkten Armen beobachtet.

Mit einsetzendem Regen bestraft das Wetter das flaue Spiel. Auf der Gegentribüne entsteht ein Meer aus bunten Regenschirmen. Dann aber: Keine drei Minuten sind in der zweiten Halbzeit gespielt, da kommt Nationalspielerin Svenja Huth eher zufällig an den Ball und schiebt ihn zwischen den Beinen der Torhüterin ins Jenaer Tor. 1:0. „Wir müssen ruhig bleiben und auf unsere Chance warten“, hatte Rudolph in der Halbzeit zu seiner Mannschaft gesagt, so erzählt er es später der Presse. Wohl die richtige Anweisung zur rechten Zeit. Frenetisch feiern die Zuschauer* innen auf der Tribüne.

Nach dem Tor wird dann nicht nur der Regen stärker, sondern auch Turbine. Ein weiterer Treffer fällt aber trotz guter Chancen nicht mehr, es bleibt beim 1:0. Jena ist in der zweiten Hälfte chancenlos, wie auch Gästetrainer Steffen Beck offen zugeben muss. „Der Sieg für den Gegner war verdient.“

Nach dem Sensationserfolg unter der Woche bei Meisterschaftsfavorit VfL Wolfsburg und dem heutigen Sieg grüßt Turbine nach dem 8. Spieltag mit 4 Punkten Vorsprung von der Spitze. „Sie sollen das genießen und ein, zwei Tage feiern“, gab Rudolph seinen Spielerinnen mit auf dem Weg. Das nächste Spiel findet erst im Dezember statt. Doch abheben will Rudolph nicht, das Wort „Meisterschaft“ kommt auch heute nicht über seine Lippen. „Wir können zufrieden sein“, sagt er mit einem schelmischen Lächeln und fügt hinzu: „Wir genießen es schon da oben.“ Und weg will er dort bestimmt nicht. Wenn es so weitergeht, wird er irgendwann mal über den Titel sprechen müssen.Sören Haberlandt