Keine Zeit für Kretschmann

GRÜNEIrritation wegen Pro-Merkel-Äußerung. Neuwahl des Landesvorstandes am 3. Dezember

Angela Merkel als die bestmögliche Kanzlerin? Mit seiner Einschätzung, er kenne niemanden, „der diesen Job besser machen könnte als sie“, hat der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann auch Berliner Parteifreunde irritiert. „Wir verhandeln hier gerade Rot-Rot-Grün und haben keine Zeit, die Ausschließeritis von Herrn Kretschmann zu kommentieren“, äußerte sich der dem linken Parteiflügel zuzuordnende Grünen-Landeschef Daniel Wesener gegenüber der taz. Kretschmanns Festlegung auf eine schwarz-grüne Koalition nach der Bundestagswahl 2016 erinnert auch im Realo-Lager manchen an die frühere Fixierung der Partei auf die SPD.

Kretschmann hatte zuvor in einer Talksendung gesagt, er fände eine erneute Kanzlerkandidatur Merkels „sehr gut“. Bereits zu Jahresbeginn hatte Kretschmann mit Blick auf Merkels Flüchtlingspolitik in der EU geäußert, er bete „jeden Tag dafür, dass die Bundeskanzlerin gesund bleibt“.

Der ihn kritisierende Wesener wird sein Amt wie seine Ko-Chefin Bettina Jarasch beim Parteitag am 3. Dezember – bei dem die Grünen über eine mutmaßliche rot-rot-grüne Koalition abstimmen – wie angekündigt abgeben: Beide sind seit der Abgeordnetenhauswahl Parlamentarier, die Grünen-Regeln aber sehen eine Trennung von Parteiamt und Mandat vor.

Als mutmaßliche Nachfolger gelten nach taz-Informationen die dem Realo-Flügel zuzuordnende Nina Stahr, derzeit Fraktionschefin im Zehlendorfer Bezirksparlament und bereits Beisitzerin im Landesvorstand, sowie Werner Graf, Vorstandsmitglied der links orientierten Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg. Laut Tagesspiegel ist auch der Neuköllner Grünen-Chef Andreas Audretsch im Gespräch. Stefan Alberti