Was tun, wenn’s regnet?

Kanalisation Supercomputer bündelt Lösungen, um die Folgen des Klimawandels zu bewältigen

Der erste Blick nach der Pressekonferenz am Mittwochvormittag geht in den Himmel: Sieht nach Regen aus. So ein Glück! Dann bleibt das feuchte Toilettenpapier, das wir so gerne benutzen, nicht in trockengefallenen Abwasserkanälen liegen.

Aber hoffentlich regnet es nicht zu viel! Sonst flutet der Regen die Kanäle, die er sich mit dem Abwasser teilt, und das System läuft samt Kloake in die Spree, Panke oder den Landwehrkanal über.

Dass beides in Berlin aktuelle Probleme sind, hat gerade Paul Uwe Thamsen von der TU Berlin erklärt. Er hat das Forschungsprojekt „Kuras“ geleitet – kurz für „Konzepte für urbane Regenwasserbewirtschaftung und Abwassersysteme“. Darunter versteht man ein Bündel von Maßnahmen, die Städten zur Verfügung stehen, um mit den Folgen des Klimawandels klarzukommen.

Dazu gehören sowohl längere Trockenperioden als auch besonders starke Regenfälle, wie sie in Berlin etwa im Juli zu beobachten waren, als plötzlich halb Prenzlauer Berg unter Wasser stand. Beides stellt die Berliner Kanalisation, die in den 1860er Jahren unter James Hobrecht angelegt wurde, vor neue Herausforderungen.

Eine Art Supercomputer

„Es gibt bereits verschiedene Simulationen, die zeigen: Was passiert bei starkem Regen im Klärwerk? Was an der Oberfläche?“, erklärt Thamsen. Dem gegenüber steht eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie man etwa starken Regen umleiten, unterirdisch zwischenspeichern oder schneller in Richtung Klärwerk pumpen kann. Bislang stand aber jede Simulation und jede Lösung für sich. „Kuras vernetzt die Softwares und die verschiedenen Akteure“, so Thamsen. Konkret ist Kuras damit eine Art Supercomputer. Vorne stecken Behörden, Wasserbetriebe oder Stadtplaner ihre Probleme rein – etwa „bei starkem Regen überlastete Kanalisation“, „im Sommer zu große Hitze in der Innenstadt“ und „wenig Geld“ –, hinten spuckt KURAS dann Lösungsideen aus: „Fassaden begrünen, denn Pflanzen speichern Wasser und im Sommer weniger Hitze als Beton.“ – „Spielplätze tiefer legen, damit auf der Fläche im Notfall Regenwasser zwischengespeichert werden kann.“ – „Private Hausbesitzer mit geringeren Abwassergebühren animieren, ihr Dach zu begrünen.“

„Der Klimawandel stellt uns vor immense Herausforderungen und Kosten. Es ist wichtig, dass sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und gemeinsam Lösungen entwickeln“, sagt Thamsen.

Unterirdische Hallen

So argumentiert auch Regina Gnirß von den Berliner Wasserbetrieben. Seit Jahren baut das Unternehmen etwa unter dem Mauerpark und in der Nähe des Bundesnachrichtendienstes unterirdische Kanäle und Hallen, in denen bei starkem Regen Wasser zwischengelagert werden kann. 300.000 Kubikmeter Speicherplatz bis 2020 ist das Ziel. „Aber allein können wir es nicht schaffen.“

Am Beispiel Schöneberg hat das Forschungsteam schon einmal durchgerechnet, dass ein Maßnahmenbündel über 60 Prozent der Überläufe der Kanalisation in die Gewässer und vier tropisch heiße Nächte pro Jahr verhindern könnte.

Jetzt gilt es nur noch, diese Ideen auch in die Tat umzusetzen. „Konkrete Pläne gibt es noch nicht. Aber wir sind auf den Schienen und wollen die mit Kuras begonnene Zusammenarbeit fortsetzen“, sagt Gnirß. Juliane Wiedemeier