„Die Frauen waren nicht ehrgeizig genug“

Der Präsident des katarischen Radsportverbands über fehlende Zuschauer und Frauenradsport

Scheich Chalid bin Ali al-Thani

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Scheich Chalid ist Präsident des Radsportverbands von Katar und Chef des Organisationskomitees der Weltmeisterschaft.

Die Rad-WM in Katar ist als Publikumsevent ein Fiasko. Scheich Chalid bin Ali al-Thani erklärt, was schiefging und warum Katar am Radsport festhält.

taz: Scheich Chalid, Katar hat sich seit vielen Jahren auf die Rad-WM vorbereitet. Trotzdem kamen sehr wenig Zuschauer. Was ist schiefgelaufen?

Es ist gar nicht so einfach, einen Kurs in Katar zu planen. Doha ist eine junge, schnell gewachsene Stadt. Man hat keine dicht bevölkerte Innenstadt, wo man viele Zuschauer anziehen kann. Wir haben uns deshalb für The Pearl entschieden. Hier leben 90.000 Menschen, 80 Prozent davon sind Europäer. Wir haben gedacht, sie freuen sich, wenn Fahrer aus ihren Nationen vor der Haustür sind und kommen, um sie anzufeuern.

Das hat offenbar nicht geklappt.

Ich weiß auch nicht genau, woran es lag. Vielleicht mussten die Leute zur Arbeit. Generell muss man aber sagen, dass die ersten Tage bei Rad-WMs auch in früheren Jahren weniger gut besucht waren. Die Leute mussten auch lernen, wie sie herkommen. Und wenn sie es dann gelernt haben, dann sind die WMs auch schon fast vorbei. Ich bin aber trotzdem sehr froh. Und ehrlich gesagt konnte man natürlich auch nicht mit solchen Massen rechnen wie beispielsweise in Deutschland oder den Niederlanden.

Wie geht es jetzt weiter mit dem Radsport in Katar? Wird das Engagement zurückgefahren?

Nein. Wir werden weitermachen als Verband. Klar, beim Ausrichten von Top-Wettkämpfen können wir uns kaum noch steigern. Aber wir wollen uns in Zukunft mehr auf unsere Wurzeln besinnen.

Was bedeutet das konkret?

Wir wollen Programme in Schulen auflegen. Die WM-Organisation hat vier Jahre lang unsere Kräfte ziemlich gebunden. Jetzt wollen wir wieder zurück zur Basis. Wir wollen mehr Menschen für diesen Sport begeistern, nicht nur den Straßenradsport. Wir planen ein Velodrom, wollen ein BMX- und ein Mountainbike-Programm aufbauen. Unser Engagement hört nicht auf.

Eine Überraschung war, dass Katar bei dieser WM keine Frauen an den Start brachte. Warum?

Aller Anfang ist schwer. Wir haben mehrere Anläufe gemacht. Aber die Frauen und Mädchen waren nicht ehrgeizig und motiviert genug beim Training. Wir wollten nur Sportler an den Start bringen, die ihr Land auch würdig repräsentieren können. Wir hätten auch bei den Männern gern mehr dabei gehabt.

Ist das auch eine kulturelle Frage? Radsport-Coachs aus Europa, die im Nahen Osten gearbeitet haben, sagen oft, dass Quälerei hier schwer an die Sportler zu vermitteln sei.

Je breiter eine Basis an Sportlern ist, umso mehr Eliteathleten wird man auch haben. Daran arbeiten wir. Wenn man auf Sportler mit Herkunft aus dem Nahen Osten schaut, die in Europa aufgewachsen sind, dann findet man zahlreiche von ihnen im Fußball, aber kaum jemanden im Schwimmen oder im Radsport. Man muss einfach Geduld haben. Manche Bäume tragen gleich sehr viele Früchte, bei anderen dauert es eben.

Tom Mustroph