Serienkolumne Die Couchreporter: Ohne Fernseh-Haustier geht es nicht

Woody Allen macht für Amazon in Serie und „Looking“ wird nach nur zwei Staffeln mit einem Film abserviert. Na toll!

Ein Portraitbild von Woody Allen bei der Vorstellung von Crisis in six Scenes.

Macht jetzt auch in Serie: Regisseur Woody Allen Foto: imago/future image

Ähm, Entschuldigung. Ich habe einen Fehler entdeckt. In Hollywood muss was durcheinandergeraten sein. Wie ist es sonst zu erklären, dass Woody Allen, der Uropa der Romantic Comedy, des K-I-N-O-F-I-L-M-S also, neuerdings im Auftrag von Amazon in Serie macht?

Und wie kann es sein, dass gleichzeitig traurige, einsame, in der Realität von allen guten Geistern verlassene Seelen, wie ich eine bin, mit einem F-I-L-M darüber hinweggetröstet werden sollen, dass die wunderbare Homo-HBO-SERIE, jawohl S-E-R-I-E, „Looking“ nach nur zwei Staffeln abgesetzt worden ist?

Und dass, obwohl ich mir nichts sehnlicher wünsche, als noch über die nächsten zehn Jahre hinweg vor dem Schlafen gehen tief berührt ins Sofakissen zu seufzen, während ich dabei zusehe, wie sich Paddy und Augustín und Dom und Richie in San Francisco lieben und streiten und am Ende voller Verständnis für die gegenseitigen Schwächen und voller Güte immer, wirklich immer wieder zueinander finden?

Nicht so wie im echten Leben: Einmal was blödes gemacht, zack, Freund weg auf Nimmerwiedersehen.

Serien haaren nicht

Es ist doch kein Geheimnis, dass Serien im Grunde nichts anderes sind als die Pflege-und-Gassi-geh-unintensive Variante von Haustieren für den modernen Menschen. Die meisten zumindest.

Sie sind weich und warm, aber sie haaren nicht. Sie stellen unsere Überzeugungen von Gut und Böse nicht in Frage und sie trösten uns darüber hinweg, dass die Welt im Allgemeinen und viele Menschen im Besonderen blöde sind. Nur dass eben im Urlaub niemand auf sie aufpassen muss.

In Serien ist die Welt noch in Ordnung – mag diese Welt auch noch so creepy sein. Aber S-E-R-I-E. Ich meine, das sagt doch der Name schon. Das ist etwas, das W-E-I-T-E-R-G-E-H-T. Wie soll eine wie ich klarkommen, wenn nun selbst das nicht mehr gilt?

Stattdessen jetzt also Woody Allen mit der Mini-Serie „Crisis in six (!) scenes“. Die, da bleibt Allen sich treu, eigentlich nur erzählt, was alles Chaotisches passiert, während er EIGENTLICH eine Serie schreiben will – was dann nie geschieht. Weil ihm Miley Cyrus dazwischenkommt. Die schon wieder!

Zugegeben: Wie Allen alias Sidney Munsinger die ganzen sechs Folgen über stets mit seiner Frau Kay im Gespräch bleibt, obwohl sie wirklich niemals übereinstimmen, auch das hat mein Herz erwärmt. So eine Wir-bleiben-auf-jeden-Fall-zusammen-egal-was-passiert-Verbindlichkeit, auch die gibt es ja heute nur noch in Hollywood. Aber trotzdem ist nach sechs Folgen schon wieder Schluss.

Ordentlich Kohle

Freut mich ja für Woody Allen, dass er Amazon eins ausgewischt hat. Er hat bestimmt ordentlich Kohle bekommen für dieses Prestigeprojekt. Und hat am Ende doch nur einen Film gemacht. Wenn auch mit sechsmal Vorspann und Abspann zwischendrin. Aber „Looking“? Und ich? Und mein Zu-Bett-geh-Ritual? Aus und vorbei?

Ich schwöre, wäre ich nicht so eine unverbesserliche Optimistin, die am Ende auch im realen Leben noch an das Gute im Menschen glaubt, ich ginge glatt zur AfD. Wo Hollywood doch gerade mein Weltbild und alles, woran ich geglaubt habe und was ich unbedingt behalten will, so grandios durcheinanderbringt.

Ich weiß nicht genau wie, aber daran sind bestimmt auch irgendwie „die Ausländer“ schuld!

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Geboren 1977 in München, war von 2011 bis 2019 zunächst als Bayernkorrespondentin, dann als Redakteurin und später als Ressortleitung im Ressort taz2 (Gesellschaft und Medien), sowie als Content SEO bei der taz. Jetzt ist sie wieder als freie Autorin unterwegs.

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