Flüchtlinge in Berliner Notunterkunft: Stillgelegt auf dem Flughafen

Seit einem Jahr leben Flüchtlinge in den Hangars des ehemaligen Flughafen Tempelhof. Für viele ist die Notunterkunft zur Dauerwohnstätte geworden.

Begrenzte Privatsphäre in der Flüchtlingsnotunterkunft im stillgelegten Flughafen Tempelhof. Foto: dpa

Ein Jahr nach der Eröffnung der Notunterkunft im Flughafen Tempelhof ist der Betreiber mit seiner Geduld am Ende. 400 Flüchtlinge lebten bereits seit 2015 in den Hangars, also seit zehn bis zwölf Monaten, sagt Michael Elias, Geschäftsführer von Tamaja. „Von Beginn an haben wir darauf hingewiesen, dass dieser Standort nicht geeignet ist für die dauerhafte Unterbringung von Menschen. Daran hat sich nichts geändert.“

Die Flüchtlinge hätten längst in Gemeinschaftsunterkünfte oder in Container auf dem Vorfeld umziehen sollen, aber deren Aufbau verzögert sich immer wieder. „Wenn der politische Wille da wäre, ginge das schon“, sagt Elias. „Der Regierende Bürgermeister muss dieses Thema zur Chefsache machen.“ Es brauche dringend gemeinsame Anstrengungen des gesamten Senats, um genug „sozialen Wohnraum“ für alle BerlinerInnen zu schaffen, sowie Hilfe und Betreuung für alle, die solche benötigen.

Am 29. Oktober 2016 waren die ersten Flüchtlinge in die innerhalb von wenigen Tagen aufgebaute Notunterkunft in den Flughafen-Hangars eingezogen. Zwei Wochen später hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) angekündigt, den ehemaligen Flughafen komplett nutzen zu wollen, „nicht nur zwei oder drei Hallen, sondern alle sieben“, zudem sollten „mobile Einrichtungen“ an den Rändern des Feldes entstehen. Er entwarf die Vision einer Stadt in der Stadt, in der bis zu 7.000 Menschen unterkommen könnten.

So weit ist es bekanntlich nie gekommen. Zu Hochzeiten um den Jahreswechsel lebten 2.900 Menschen in den Hangars, derzeit sind es 1.300. Sie schlafen in nach oben offenen Kabinen, in denen bis zu sechs Doppelstockbetten stehen. Von den „mobilen Einrichtungen“ an den Rändern des Feldes, für die das Abgeordnetenhaus Anfang 2016 das per Volksentscheid entstandene Gesetz zum Schutz des Tempelhofer Feldes änderte, ist bislang nichts zu sehen. Lediglich drei Leichtbauhallen stehen bislang auf dem Vorfeld des Flughafengebäudes, in denen es Sportangebote für die Hangar-Bewohner gibt. Wobei zwei der Hallen aus technischen Gründen bis heute gar nicht genutzt werden können.

„Es war die Aufgabe von Tempelhof, Obdachlosigkeit zu vermeiden“, sagt Elias. Das habe trotz anfänglicher Schwierigkeiten auch funktioniert. Vier bis sechs Wochen in Tempelhof zu bleiben sei für die Flüchtlinge akzeptabel, glaubt Elias. Dass aber ein Teil von ihnen inzwischen seit zwölf Monaten in den Hangars wohne, dürfe nicht sein. „Wir können nicht den Grad an Privatsphäre bieten, den die Menschen brauchen.“

Nun will die Sozialverwaltung für die Hangar-Bewohner bis Jahresende sogenannte Tempohomes, also Container, auf dem Vorfeld errichten. In den ehemaligen Flugzeughallen soll dann nur noch das Ankunftszentrum sein, in dem Flüchtlinge wenige Tage bis zur Vermittlung in einer Unterkunft leben müssen. Doch noch haben die Bauarbeiten für die geplanten Container nicht begonnen. Nur die Belegung der Hangars mit neuen Flüchtlingen, die eine dauerhafte Bleibe brauchen, wurde vor Kurzem laut Elias gestoppt.

„Wir wollen die Hangars so schnell wie möglich freibekommen“, sagt eine Sprecherin der Sozialverwaltung. Woran die Verzögerungen im Einzelnen lägen, könne sie nicht beurteilen. Für die Planung der Container sei die Berliner Immobilienmanagement GmbH zuständig.

Dort heißt es, der Senat habe die Planung kürzlich erst freigegeben. „Es wird demnächst begonnen, die Tempohomes aufzustellen“, sagt Sprecher Christian Breitkreutz. Zunächst müsse das Gelände aber hergerichtet und Anschlüsse verlegt werden. „Im ersten Quartal 2017 könnte es was werden.“

Doch Elias will nicht länger warten. Er weist darauf hin, dass die Flüchtlinge einen Rechtsanspruch haben auf eine andere Art der Unterbringung. „Wenn es so weitergeht, bleibt uns nichts anderes, als unseren Bewohnerinnen und Bewohnern zu raten, den Rechtsweg zu gehen und auf eine Wohnung zu klagen“, sagt er.

Dieser Text ist Teil eines Themenschwerpunkts zur Lage der Geflüchteten in den Hangars im Berlinteil der gedruckten taz am Wochenende.

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