Teewurst-Diebin darf bleiben – Gott sei Dank

KÜNDIGUNG Die fristlose Kündigung einer Altenheim-Mitarbeiterin wegen Mundraubs nahm die Caritas in Hannover gestern zurück – aus christlicher Nächstenliebe, und auf Druck des neuen Eigentümers

Schon vorher hatte die Caritas einen Arbeitsgerichtsprozess gegen T. verloren

Altenpflegerin Sabine T., die wegen Diebstahls von 20 Gramm Teewurst fristlos gefeuert wurde (taz berichtete), darf ihren Job nun doch behalten. Gott sei Dank. „Christliche Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Fürsorgepflicht haben uns bewogen, die Kündigung zurückzunehmen.“ So sprach Wilfried Wesemann, Gesellschafter des Berliner Johannesstiftes. Um der Presse diese frohe vorweihnachtliche Botschaft zu verkünden, hatte sich Wesemann mitsamt dem „Leiter der Stabsstelle Kommunikation“, Tobias Kley, gestern Mittag extra in den Zug Richtung niedersächsische Landeshauptstadt geworfen.

Dass es eher darum ging, einen gewaltigen Imageschaden einzudämmen, sagten die beiden nicht. Dazu muss man wissen: Sabine T. wurde eigentlich vom Caritas-Seniorenheim St. Martin in Hannover entlassen, welches, wie vier andere Heime des katholischen Wohlfahrtsverbandes, seit August mehrheitlich dem evangelischen Johannesstift gehört. Der neue Eigentümer hatte gleich für giftige Schlagzeilen gesorgt, weil er die Angestellten mittels Kündigungsdrohungen zwang, schlechter dotierte Knebelverträge zu unterschreiben. Darüber wollte Wesemann aber genauso wenig reden wie über einen ersten Arbeitsgerichtsprozess gegen T. Den hatte die Caritas nämlich verloren. Damals sei es um „völlig abstruse Vorwürfe“ gegangen, hatte T.s Anwältin im Vorfeld erklärt.

Kley verbat sich aber – wiederum aus „Fürsorge um die Angestellte“ – alle weitere Nachfragen. Christenmensch Wesemann kam viel lieber auf das durch Gotteswort geprägte Leitbild seines Hauses zurück. Denn juristisch sei die aktuelle Freisetzung der mit einer Abmahnung belasteten Sabine T. völlig korrekt gewesen. Man habe in Berlin erst vorgestern Abend von dem Fall erfahren und beschlossen, in dieser „besonderen Situation“ dem Caritas-Anwalt in den Arm zu fallen. Die Bitte, das „Besondere“ doch etwas zu konkretisieren, beschied man abschlägig. MQ