Kulanz als letzte Chance

GARANTIE & GEWÄHRLEISTUNG Während Händler über zwei Jahre gewährleisten müssen, dass die von ihnen verkauften Neuwaren fehlerfrei sind, sind Garantieleistungen immer nur freiwillige Angebote, zumeist der Hersteller

Die Gewährleistung hilft in der Praxis meist nur in den ersten sechs Monaten

VON TILMAN VON ROHDEN

Journalist Michael Grote staunte, als die gerade erworbene Einspritzpumpe seines Autos schon nach wenigen Monaten ihren Dienst versagte. Er verlangte die kostenlose Reparatur und stellte einen Garantieantrag. Doch der Hersteller der Pumpe lehnte dies mit dem Hinweis auf den verwendeten Biodiesel ab. Damit wäre der Hersteller aus dem Schneider gewesen.

Doch ein Gutachter kam zum Ergebnis, dass der Biokraftstoff nicht die Ursache des Schadens sei. Die eingeschaltete Schiedsstelle der Handwerkskammer entschied deshalb zugunsten Grotes. Es war allerdings nur ein papierener Sieg. Die Verliererseite erkannte den Schiedsspruch nicht an, Grote blieb auf den Kosten sitzen. „Ein Gerichtsprozess hätte sich bei dieser Summe kaum gelohnt, zumal ich keine Rechtsschutzversicherung hatte“, so Grote.

Solch schmerzliche Zusammenstöße mit der Welt des Konsums sollten eigentlich gar nicht vorkommen. Denn der Gesetzgeber hat die Rechte der Kunden bei schadhaften Neuwaren oder frisch gekauften Gebrauchtwaren im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) genau geregelt. Zusätzlich geben Hersteller oft noch weitergehende verbindliche Versprechen auf ihre Produkte ab, damit die Verbraucher umso sorgloser ins Portemonnaie greifen.

Zu unterscheiden sind Garantie und Gewährleistung. Letztere besagt, dass der Verkäufer, in der Regel also der Händler, über zwei Jahre gewährleisten muss, dass die von ihm verkaufte Neuware fehlerfrei ist. Ein Fehler im Sinne des Gesetzes wäre schon, wenn das Produkt eine zugesicherte Eigenschaft wie etwa eine bestimmte Farbe oder „wasserdicht bis 10 Bar“ nicht erfüllt. Eine mangelhafte Ware muss kostenlos repariert oder umgetauscht werden. Erst wenn eine Reparatur zweimal scheitert, kann der Käufer sein Geld zurückverlangen oder mindestens einen Preisnachlass bekommen.

Die sogenannte Garantie ist dagegen immer eine freiwillige Leistung. Sie wird meist vom Hersteller gegeben. Da sie anders als die Gewährleistung keinem gesetzlichen Korsett unterliegt, fällt sie in der Praxis sehr unterschiedlich aus. So geben einige Autohersteller eine 30-jährige Garantie gegen eine durchgerostete Karosserie, andere dagegen nur 3 Jahre. Eine Garantie bezieht sich immer auf den jeweiligen Zustand des Produktes innerhalb des garantierten Zeitraums: Es kommt nicht darauf an, ob der Mangel erst im Lauf der Nutzung aufgetreten ist oder von Anfang an vorlag.

Bei der Gewährleistung ist dieser Punkt entscheidend. Denn will ein Verbraucher die Gewährleistung geltend machen, ist der Zustand der Ware zum Zeitpunkt des Kaufs maßgeblich. Der Kunde muss nachweisen, dass die Ware von Anfang an mangelhaft war. Schon allein dieser Nachweis kann Kopfschmerzen bereiten. Bei einem neuen Fernseher, der völlig dunkel bleibt, ist der Mangel offensichtlich.

Doch was, wenn das Gerät nur relativ wenige Programme empfängt oder nur eine ziemlich mäßige Bildqualität liefert? Ist dies ein wirklicher Mangel, auf den sich die Gewährleistung bezieht? Oder handelt es sich nicht doch eher um eine qualitative Unzulänglichkeit? „In jedem Fall muss der Verbraucher einen Mangel nachweisen. Im Einzelfall kann das schwierig werden und sogar teure Gutachten erfordern“, sagt Rüdiger Strichau, Rechtsberater bei der Verbraucherzentrale Berlin. Wird ein Mangel innerhalb der ersten sechs Monate festgestellt, so wird nach dem BGB stets vermutet, dass der Mangel von Anfang an vorlag. Der Händler müsste das Gegenteil beweisen. Juristen sprechen von einer Beweislastumkehr.

Tritt der Mangel jedoch nach Ablauf des sechsten Monats auf, geht die Beweislast auf den Käufer über. Er muss jetzt nachweisen, dass der Mangel von Anfang an bestand. „In der Praxis ist dieser Nachweis häufig nicht zu erbringen. Die Händler wissen dies und hebeln insbesondere bei 08/15-Artikeln mit diesem Trick sehr häufig die Gewährleistung aus“, sagt Verbraucherschützer Strichau. Wenn mahnende Briefe keinen Erfolg hätten, rate er Personen ohne Rechtsschutzversicherung in der Regel von einer Klage ab. „Das Prozessrisiko und die möglichen Kosten stehen bei solchen Artikeln in keinem vernünftigen Verhältnis zum Erfolg.“ Dass Händler zu diesem unsauberen Trick greifen, käme bei Discountern wie im Fachhandel gleichermaßen vor.

Die Garantie spielt insbesondere beim Autokauf eine große Rolle. Die vergangenen Jahre sind nach Angaben des ADAC zugunsten der Käufer verlaufen: Die Hersteller würden mit immer großzügigeren Garantien werben. „Käufer haben also oft zwei Auffangnetze“, sagt ADAC-Juristin Iris Leschau. Allerdings helfe die Gewährleistung in der Praxis meist nur in den ersten sechs Monaten. „Defekte und Verschleiße kommen bei Autos häufiger vor. Die nach sechs Monaten endende Beweislastumkehr macht es Verbrauchern deshalb fast unmöglich zu beweisen, dass ein Mangel schon bei der Übergabe des Autos bestand.“ Wenn weder Gewährleistung noch Garantie dem Autobesitzer helfen könnten, sei die Kulanz oft die letzte Chance, so Leschau.