Keine Einigung der EU-Handelsminister: Ceta strauchelt wegen Belgien

Das Abkommen mit Kanada fällt wegen Bedenken der Wallonie durch. Bis zum EU-Gipfel gibt es ein Ultimatum und Formulierungsartistik.

große Buchstaben "Stop Ceta" vor einem Gebäude mit viel Glas

Protest gegen Ceta vor einem EU-Gebäude in Luxemburg Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Das umstrittene Freihandelsabkommen Ceta mit Kanada wird zur Chefsache. Weil sich die EU-Handelsminister am Dienstag in Luxemburg nicht einigen konnten, müssen nun Angela Merkel und die anderen 27 Staats- und Regierungschefs eine Lösung suchen. Sie kommen ab Donnerstag zum Gipfel in Brüssel zusammen.

Vielleicht sollten sie vorher einen Abstecher nach Namur machen. Denn die idyllische Hauptstadt der französischsprachigen belgischen Region Wallonie ist zum Zentrum des Widerstands gegen Ceta geworden. Das Regionalparlament in Namur hatte am vergangenen Freitag gegen das Abkommen gestimmt und damit ein Ja Belgiens blockiert.

„Die Wallonie wurde von der EU-Kommission ignoriert“, beschwerte sich der Chef der dort regierenden Sozialisten, Expremier Elio Di Rupo. Tatsächlich hat sich die EU-Behörde darauf verlassen, dass die Föderalregierung in der Hauptstadt Brüssel die widerspenstigen Wallonen zur Räson bringen würde. Doch die steckt selbst in der Krise – Premierminister Louis Michel musste sich am Dienstag sogar einem Vertrauensvotum stellen. Die Wallonen sorgen sich vor allem um die heimische Landwirtschaft, aber auch um die geplanten Sonderrechte für Investoren.

Und so versuchen es die Europäer nun mit einem Ultimatum: Bis zum Ende des EU-Gipfels am Freitag soll Belgien den Weg für Ceta frei machen. Denn nur dann kann das Abkommen wie geplant in der kommenden Woche feierlich unterzeichnet werden – bei einem Sondergipfel mit Kanada.

Trudeau droht mit Reise-Absage

Kanadas Regierungschef Justin Trudeau hat schon gewarnt, er werde seine Reise absagen, wenn die EU nicht endlich einlenkt. „Wenn sich zeigt, dass Europa unfähig ist, einen fortschrittlichen Handelspakt mit einem Land wie Kanada abzuschließen, mit wem glaubt Europa dann noch in kommenden Jahren Geschäfte machen zu können“, fragte er bissig.

Allerdings stehen die Wallonen nicht allein auf der Bremse. Noch am vergangenen Donnerstag hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mehrere Vorbehalte gegen Ceta geäußert. Diese sind zwar nach Ansicht von Kritikern noch nicht ausgeräumt – Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) stimmte dem Abkommen trotzdem zu.

Die EU-Partner hätten den Auflagen aus Karlsruhe zugestimmt, sagte er nach dem Treffen in Luxemburg. Es gebe wie gefordert eine klare Abgrenzung zwischen nationaler und europäischer Zuständigkeit. Zudem sei geklärt worden, was passiert, wenn die vorläufige Anwendung gestoppt werden muss. Das sei ein „sehr gutes Ergebnis“, so Gabriel.

Bulgarien und Rumänien stellen Bedingungen

Widerspenstiger zeigen sich dagegen Bulgaren und Rumänen. Sie wollen erst dann den Weg frei machen, wenn die Visumpflicht für ihre Landsleute in Kanada wegfällt. Das sei aber auf gutem Wege, hieß es am Dienstag in Brüssel.

Bleibt die Frage, wie die Bedenken der Wallonen ausgeräumt werden können. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und Belgiens Handelsminister Didier Reynders setzen offenbar auf die Protokollerklärung, die das Handelsabkommen begleitet und strittige Punkte klären soll. Daneben gebe es auch noch die Möglichkeit nationaler Zusatzerklärungen, sagte Malmström.

Über den Inhalt wird hinter den Kulissen gerungen. Ob sich Ceta mit Formulierungskünsten noch retten lässt, wird man wohl erst am Ende dieser Woche wissen, nach dem EU-Gipfel.

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