Das macht Schule

AUSGEZEICHNET Schüler eines Oberstufenzentrums gründen Solarfirma und Fonds. Dafür gibt’s den Berliner Umweltpreis

Über 30.000 Euro in die Solaranlagen von drei benachbarten Schulen investiert

VON VERENA MÖRATH

Wer Bürowirtschaft und Dienstleistungen hört, denkt sicherlich nicht als Erstes an Umweltschutz und Nachhaltigkeit, eher an trockene Materie wie Buchhaltung oder Rechnungswesen. Es geht auch anders: Am Oberstufenzentrum Bürowirtschaft und Dienstleistungen (OSZ BWD) in Pankow stehen Umweltthemen ganz oben auf der Agenda des Schulprogramms. Seit 2008 ist hier die „Juniorfirma Solar Systems“ und ein Solarfonds in Kooperation mit ökologisch orientierten Unternehmen aktiv, gegründet von 17 Schülerinnen und Schülern eines Wahlpflichtkurses (WP).

Auf die Idee kam das Gründerteam, weil ein Jahr zuvor eine Photovoltaikanlage auf dem Schuldach installiert wurde. Eigentümerin ist die Mandel-Solar KG, an der sich einige Lehrer der Schule sowie Privatpersonen als Gesellschafter beteiligten. Die Einnahmen aus der Einspeisevergütung der Solaranlage in das Stromnetz und die Einlagen neu gewonnener Investoren fließen in den Solarfonds, mit dem Anteile an anderen Solaranlagen erworben werden. Mittlerweile haben LehrerInnen und der Solarfonds über 30.000 Euro in die Solaranlagen von drei benachbarten Schulen investiert, die Juniorfirma selbst hält Anteile daran in Höhe von rund 6.000 Euro. Die Einnahmen durch die Einspeisevergütung aus der Solaranlage belaufen sich auf rund 5.000 Euro jährlich. Eine kleine, aber feine Einnahmequelle ist auch das Sammeln von Altpapier, für das ebenso die Juniorfirma zuständig ist. Der Verkauf bringt immerhin rund 600 Euro im Jahr ein. Ökobilanz: Die 75 Solarmodule auf dem Schuldach helfen, rund 6 Tonnen CO2-Ausstoß im Jahr zu vermeiden.

Solar Systems hat in den vergangenen Jahren schon mehrere Umwelt- und Innovationspreise eingeheimst, im November 2012 nun den Berliner Umweltpreis des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in der Kategorie „Kinder und Jugend“. Der Preisträger in der Kategorie „Wirtschaft und Innovation“ ging an „Oktoberdruck“ und in der Kategorie „Umweltengagement“ an das Projekt „GroßstadtWildnis Lichterfelder Weidelandschaft“ sowie an das „Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelder Süd“. Aus knapp 30 Bewerbungen wählte die Jury vier innovative Projekte aus, die sich positiv auf die Umwelt auswirken und gleichzeitig eine Vorbildfunktion sowie einen Berlin-Bezug haben.

„Kaufleute können die Welt verändern“, sagt Klemens Griesehop. Denn sie würden in den meisten Unternehmen Materialien und Produkte beschaffen und könnten hierbei nach ökologischen Kriterien verfahren. „Wenn dies allgemein Betriebspraxis wäre, würde die Welt anders aussehen“, ist Griesehop überzeugt. Er ist seit 1996 Lehrer am OSZ BWD und berät das Team von Solar Systems. Darüber hinaus ist er gemeinsam mit anderen Lehrkräften in der AG Nachhaltigkeitsprojekte aktiv. Sie sorgt dafür, dass die Schüler bestehende Lerninhalte auch unter umweltrelevanten Fragestellungen projekt- und handlungsorientiert bearbeiten.

Bei Solar Systems ist nun eine neue Generation herangewachsen und hat die Gründer abgelöst. Zehn bis fünfzehn Auszubildende steigen pro Halbjahr im Rahmen ihres WP-Kurses ein und übernehmen Aufgaben wie Leitung, Investorensuche, Marketing, Finanzbuchhaltung, Ertragsüberwachung via Internet, Störungsmanagement, Abrechnung der Einspeisevergütung gegenüber dem Energieversorger und den stillen Gesellschaftern und Kommanditisten, Verwaltung des Solarfonds, Energiesparen und Teilnahme an Wettbewerben. Derzeit ist das Team bis auf einen Schüler weiblich!

Die 21-jährige Serpil Yalcin ist noch nicht lange im Team. Ihre erste Aufgabe war es, den Bewerbungsantrag für den Berliner Umweltpreis zu schreiben – mit vollem Erfolg. „Mich hat das Thema interessiert, darum habe ich diesen WP-Kurs gewählt. Sonst befasse ich mich nicht mit Umweltthemen“, so die junge Frau. Zwei ihrer Kolleginnen, Miriam Milosevic, 24 Jahre, und Hasna El-Hammoud, 20 Jahre, geht es ähnlich. „Umweltschutz ist für mich etwas Neues. Nun habe ich schon einen guten Einblick bekommen“, sagt Hasna, die derzeit auf der Suche nach neuen Investoren für weitere Projekte der Juniorfirma ist. Miriam findet den Praxisbezug sehr wichtig. „Ich bin im Moment mit der Buchhaltung betraut. Allerdings haben wir gerade Probleme mit der neuen Software“, erzählt sie lachend. Alle drei arbeiten im WP-Kurs auch an Vorträge zu Themen wie „Erneuerbare Energien“, „Zielkonflikte Ökonomie und Ökologie“ sowie „Umweltverhalten und -bewusstsein“.

„Die Juniorfirma zeigt, dass der Bereich Umwelt- und Klimaschutz viele Tätigkeitsfelder bietet“, betont Griesehop. Dies lege hoffentlich einen Grundstock für viele Solarfirmen mit Solar-Bürofachleuten und -dienstleistern.

Weitere Informationen unter www.oszbwd.de oder www.berliner-umweltpreis.de