Kabul kann auf weitere Milliarden hoffen

AFGHANISTAN Während Geberkonferenz neue Hilfen zusagt, fliehen Bewohner von Kundus vor Kämpfen

„Wir bekennen uns zu konstruktiver Politik“

Afghanistans Präsident Ashraf Ghani

BERLIN taz/afp/rtr | Die EU-Außenbeauftragte Federica Mo­ghe­rini hat der Regierung in Kabul bei der Afghanistan-Geberkonferenz am Mittwoch in Brüssel zivile Hilfen von 1,2 Milliarden Euro pro Jahr bis 2020 versprochen. „Ich erwarte Hilfen in ähnlicher Höhe von unseren Partnern“, sagte Mogherini. Sie sehe „keine Gebermüdigkeit“.

Bei der letzten Geberkonferenz in Tokio 2012 wurden 16 Milliarden US-Dollar für vier Jahre zugesagt. Die Gesamtsumme der in Brüssel versprochenen Mittel stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Doch wurde weniger als in Tokio erwartet.

Laut Mogherini gebe es „keine Verbindung“ der EU-Hilfe mit der am Sonntag mit Kabul geschlossenen Abschiebevereinbarung über afghanische Flüchtlinge. Hilfsorganisationen werfen der EU vor, Hilfe als Druckmittel eingesetzt zu haben. Auch die zeitliche Abfolge und Nähe von Vereinbarung und Hilfszusage spricht dafür.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier machte die schon am Dienstag erfolgte Zusage Deutschlands über 1,7 Milliarden Euro für die nächsten vier Jahre von Reformen in Kabul abhängig. Er nannte die Achtung der Menschenrechte, die Korruptionsbekämpfung, eine effiziente Regierungsführung und Kooperation bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber.

Der afghanische Präsident Ashraf Ghani verwies auf die weiter stark verbreitete Armut in seinem Land. Er betonte Fortschritte bei der Wirtschaft, bei der Korruptionsbekämpfung und den Menschenrechten. „Wir bekennen uns zu einer konstruktiven Politik“, so Ghani. US-Außenminister John Kerry forderte die Taliban zu Verhandlungen mit der Regierung auf. Er verwies auf das jüngste Friedensabkommen mit dem islamistischen Warlord Gulbuddin Hekmatjar: „Dies ist ein Modell für das, was möglich ist.“

Derweil flohen Tausende Bewohner der nordafghanischen Stadt Kundus wegen anhaltenden Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Taliban. Die meisten Zivilisten hätten Kundus verlassen, berichtete der Gouverneur der Provinz Kundus, Assadullah Amarchel, am Mittwoch. Die US-Luftwaffe flog am Mittwoch nach eigenen Angaben mindestens zwei Angriffe, um „Verbündete zu verteidigen, die unter feindlichem Beschuss standen“.

In Kabul griff am Abend nach lokalen Medienberichten ein Selbstmordattentäter einen Bus mit Beamten eines Minis­teriums an. Vier Personen wurden verletzt, der Attentäter starb. HAN

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