Polizei spielt am Notrufknopf

Polizeireform Die Revierleiter der Bremer Polizei schlagen Alarm, die Gewerkschaft der Polizei reagiert – und steht dann in der Pressekonferenz ziemlich alleine da

Die von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) geplante Polizeireform sorgt unter den Revierleitern der Bremer Polizei für Unmut. Bisher geplant ist eine Personalaufstockung auf 2.600 Mitarbeiter und eine Zentralisierung der Diensteinheiten. In einem offenen Brief an die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Bremen sprechen sich jetzt die Revierleiter vor allem gegen die geplante Zentralisierung der Diensteinheiten aus.

Die GdP hatte daraufhin in Absprache mit den Revierchefs spontan zur Pressekonferenz geladen. Zu der erschien dann allerdings kein einziger der Revierleiter mehr.

Die hätten nämlich, erklärte der stellvertretende Landesvorsitzende der GdP, Heinfried Keithahn, am Morgen ein Gespräch mit Polizeipräsident Lutz Müller gehabt. Und der habe ihnen zugesichert, in die Planungen zur Neustrukturierung besser eingebunden zu werden.

Im offenen Brief hatten die Revierleiter noch durchaus alarmistische Töne angeschlagen und sich bitter beklagt, in die Planungen nicht ausreichend einbezogen zu werden. Inhaltlich äußerten sie die Sorge, dass bisherige Reviere zu bloßen Polizeistationen herabgestuft würden, die mit deutlich weniger Personal besetzt sind: „Gefühlt bedeutet dieses Zerschlagen der alten Strukturen eine Beerdigung der bisherigen bürgernahen Polizeiarbeit.“

Die Bürger müssten sich darauf einstellen, nicht mehr an jedem bisherigen Revier eine Anzeige erstatten zu können – und die Polizisten auf noch mehr Arbeit. Denn zukünftig sollen etwa auch Kontaktpolizisten die Bürgersprechzeiten übernehmen, wodurch sich aber die Zeit auf der Straße vor Ort reduziere. In ihrem Brief appellieren die Revierleiter an „die Politik“: „Hören Sie auf, die Polizei vor Ort weiter zu zerstören.“

Außerdem fühlen sie sich vom Innensenator übergangen: „Kann eine Neuorganisation ohne eine frühzeitige ‚Mitnahme‘ der Führungskräfte überhaupt erfolgreich sein?“, fordern die Revierleiter eine umfassende Einbindung in die geplanten Reformschritte.

Der Wunsch scheint durchs Gespräch mit Präsident Lutz Müller bereits weitgehend erfüllt: Er habe, so der Gewerkschaftler Keithahn, danach eine SMS erhalten, in der die Revierleiter bekundeten, unverändert an dem Schreiben festzuhalten. Nur zur Pressekonferenz kommen wollten sie nicht mehr.

Die inhaltliche Position der GdP zu den Kritikpunkten ist ambivalent: Während die Revierleiter durch die Zentralisierung einen Rückzug aus der Fläche befürchten findet die GdP die Idee gut: „Zentrale Strukturen sind organisatorisch besser“, so Keithahn. Der GdP gehe es dabei vor allem um die „Eigensicherung der Kollegen“.

Einig sind sich Revierleiter und Gewerkschaft jedoch in ihrer Einschätzung, mit der derzeitigen Personallage am Limit zu arbeiten. Die GdP geht inzwischen von einem Bedarf von mindestens 2.800 Stellen aus. Grund dafür seien die höheren Anforderungen durch Terrorismusabwehr, kontinuierlich ansteigende Notrufe und die damit verbundenen Einsätze.

Nicht nur bei der Kripo würden sich Aktenberge und Überstunden häufen, die nicht abgebaut werden können, so Keithahn: „Wir können nicht mehr alles schaffen.“

Karolina Meyer-Schilf