Krach und noch mehr Krach

HESSEN Schwarz-Grün will eine verbindliche Lärmobergrenze für den Frankfurter Flughafen. Der SPD geht das nicht weit genug, der Flugwirtschaft viel zu weit

Hier wird’s nur noch ein bisschen lauter: Flieger über Flörsheim, unweit des Flughafens Foto: Boris Roessler/dpa

Aus WiesbadenChristoph Schmidt-Lunau

Hessens grüner Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir hat am Dienstag in Wiesbaden sein Modell für eine verbindliche Lärmobergrenze für den Frankfurter Flughafen vorgelegt. Danach sollen die stark belasteten Gebiete um den Airport mit einem Dauerschallpegel von 55 beziehungsweise 60 Dezibel nur noch geringfügig wachsen dürfen.

Nach geltendem Recht dürften sich diese Zonen starker Lärmbelastung bei zunehmender Auslastung des Flughafens fast verdoppeln. Al-Wazir strebt nun eine freiwillige Vereinbarung mit der Luftverkehrswirtschaft an. Sollte es dazu nicht kommen, werde die Regierung die Lärmobergrenze mit einer Änderung der Betriebsgenehmigung durchsetzen.

Gegenwind zu diesem Plan kommt von der Verkehrswirtschaft. Der Flughafenbetreiber Fraport sprach von einer Benachteiligung im internationalen Wettbewerb. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft bezeichnete eine verordnete Lärmobergrenze als Schlag gegen die Investitionssicherheit in Deutschland. Und der Flughafenverband ADV nannte ein solches Vorgehen schlicht rechtswidrig.

Die SPD-Opposition hält dagegen eine freiwillige Vereinbarung für nicht rechtssicher. Auch Flughafenkritiker sprechen von einer Mogelpackung, denn zunächst darf es auch nach Al-Wazirs Vorschlag ein bisschen lauter werden. Nach geltendem Planungsrecht ist der Flughafen für rund 700.000 Flugbewegungen im Jahr gerüstet. Die tatsächliche Zahl der Flugbewegungen blieb zuletzt aber deutlich dahinter zurück. Statt der für 2016 prognostizierten 650.000 Flüge werden es wohl weniger als 500.000. Für Wachstum sorgen allein die steigenden Passagierzahlen – dank größerer Flugzeuge und besserer Auslastung.

Schon jetzt halten trotzdem große Teile der Bevölkerung und einflussreiche Politiker den Fluglärm in der Nachbarschaft des Flughafens für unzumutbar. So berief die Frankfurter SPD die prominente Fluglärmkritikerin Ursula Fechter in den Magistrat der Stadt. Oberbürgermeister Peter Feldmann, auch SPD, machte sie sogar zur Leiterin der Stabsstelle Fluglärmschutz.

Sollte die Zahl der Flugbewegungen noch einmal drastisch steigen, könnten die Konflikte um den Flughafen eskalieren. Eine nachträgliche Begrenzung der Anzahl von Starts und Landungen und damit eine Korrektur des Planfeststellungsbeschlusses hält die Landesregierung, anders als SPD und Linke, nicht für durchsetzbar.

Schlicht rechtswidrig sei der Plan, so die Fluglinien, ein Wettbewerbsnachteil

Die Deckelung des Fluglärms ließe dem Flughafen Entwicklungschancen und sichere gleichzeitig eine Begrenzung des Fluglärms, so die Argumentation von Al-Wazir. Mit leiseren und größeren Flugzeugen, mit lärmmindernden Start- und Landeverfahren könne der Airport gleichwohl wachsen. Es müsse um den Flughafen herum deutlich leiser werden, hatte der CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier einst zugesagt. Seit Jahren demonstrieren montags in Terminal eins „Lärm­opfer“ gegen den „krankmachenden“ Fluglärm.

Ein halbes Dutzend Demonstranten empfing auch am Dienstag den grünen Minister auf dem Wiesbadener Marktplatz. Dass mit einer Lärmobergrenze der Flughafen eine Lizenz zu einer, wenn auch leichten, Ausweitung der stark belasteten Zone erhalten soll, ist für sie eine Provokation. Dass Al-Wazir noch größeren Lärm verhindern will, lassen sie nicht gelten.

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