Arzneimittel: Deutschland bleibt Hochpreisland

Gesundheit Ausgaben der Kassen für Medikamente erreichen einen neuen Höchststand

BERLIN | Im vergangenen Jahr haben die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einen neuen Rekordwert von 36,9 Milliarden Euro erreicht. Das geht aus dem am Montag vorgestellten Arzneiverordnungs-Report 2016 hervor. Insgesamt stiegen die Kosten für Medikamente im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 Milliarden Euro.

Dabei erweisen sich besonders patentgeschützte Medikamente als Preistreiber. Laut Bericht betrugen die Kosten für diese Arzneien im Jahr 2015 fast 15 Milliarden Euro – ein Anstieg um fast zehn Prozent. Der durchschnittliche Apothekenverkaufspreis eines patentierten Arzneimittels lag bei 369 Euro. Ein generisches, also nachgemachtes Medikament mit gleichem Wirkstoff, ist fast 13-mal preiswerter, es kostet im Durchschnitt nur 29 Euro.

„Der deutsche Patentmarkt erweist sich auch im europäischen Vergleich als besonders teuer“, sagte Jürgen Klauber, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK. Die Wissenschaftler verglichen die Listenpreise für Produkte aus acht europäischen Ländern und errechneten für Deutschland ein Einsparpotenzial von mehr als drei Milliarden Euro. Berücksichtige man lediglich bereits bekannte Preissenkungen etwa in Form von Rabatten, ergebe sich eine Einsparsumme von mindestens 1,44 Milliarden Euro. Grundlage für Kostenbremsen, wie eine frühe Nutzenbewertung und darauf aufbauende Verhandlungen über Erstattungsbeträge, ist das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarkts. Dieses dürfe nicht zugunsten der Pharmaindustrie aufgeweicht werden, warnte der AOK-Bundesverband.

Der Hintergrund: Vor allem Krebsmedikamente werden immer teurer. „Bei der Entwicklung neuer Krebstherapien steht häufig das ökonomische Interesse der pharmazeutischen Unternehmer im Vordergrund“, erklärte Wolf-Dieter Ludwig, Onkologe und Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Klinische Studien dienten daher eher einer raschen Zulassung als dem Nachweis eines therapeutischen Fortschritts.