Kurzarbeitergeld für VW-Arbeiter in Emden

VolkswagenArbeitsagentur zahlt für den inzwischen beendeten Streit des Konzerns mit Zulieferern

Die Arbeitsagentur bestätigte das bewilligte Kurzarbeitergeld erst auf Antrag

BERLIN taz | Die Arbeitsagentur zahlt für 7.500 VW-Arbeiter im niedersächsischen Emden das umstrittene Kurzarbeitergeld. Das teilte die niedersächsische Regionalagentur der taz mit. Ende August hatte der Volkswagen-Konzern für das Werk Kurzarbeit beantragt, nachdem wegen eines Streits mit zwei Zulieferern an mehreren Standorten die Arbeit ausging. Zwei Tochterfirmen des Unternehmens Prevent hatten Sitzbezüge und Getriebeteile nicht mehr geliefert. Das Kurzarbeitergeld wird nun für sieben Tage gezahlt. Andere Standorte sind nicht betroffen.

Die Ankündigung der Kurzarbeit hatte eine politische Debatte darüber ausgelöst, ob eine Sozialkasse für einen Lohnausfall geradestehen muss, der durch einen Streit mit einem Lieferanten verursacht wurde. Kurzarbeitergeld wird aus den Beiträgen der Arbeitslosenversicherung gezahlt. Laut Sozialgesetzbuch kompensiert das Geld – 60 Prozent des entgangenen Nettolohns, für Beschäftigte mit Kindern 67 Prozent – einen „erheblichen“ Arbeitsausfall, wenn er „auf wirtschaftlichen Gründen“ oder einem „unabwendbaren Ereignis“ beruht und „nicht vermeidbar“ ist.

Die Arbeitsagentur spricht im Fall VW von wirtschaftlichen Gründen, ohne diese zu näher zu erläutern. In einer „Geschäftsanweisung“ der Bundesagentur – einer Art Handreichung für die lokalen Filialen – heißt es, dass ein Betrieb, bevor er Kurzarbeit beantragt, dafür sorgen muss, „alles in seiner Kraft Stehende zu unternehmen“, den Arbeitsausfall zu vermeiden – etwa durch die „rechtzeitige und ausreichende Beschaffung von Rohstoffen“. Genau das nicht getan zu haben wird VW vorgeworfen. Hätte sich der Konzern aus Kostengründen bei den Autoteilen nicht auf jeweils einen Zulieferer verlassen, wäre es nicht zum Stillstand am Band gekommen.

Karl-Jürgen Bieback, Professor für Arbeits- und Sozialrecht an der Uni Hamburg im Ruhestand, hält die Entscheidung für bedenklich. „Betriebsspezifische Ursachen scheiden nach dem Gesetz aus.“ Damit meint der Experte in Sachen Kurzarbeitergeld hausgemachte Probleme, die er bei VW sieht: „Es dürften wohl Managementfehler vorliegen, weil Volkswagen von einem Zulieferer abhängig war und offenbar mit ihm nicht gut kooperiert hat.“ Bieback kritisiert die Entscheidung auch, weil die Bundesagentur dadurch mächtigen Unternehmen wie VW wirtschaftliche Risiken in Teilen abnehme und so den Wettbewerb beeinflusse.

Die Arbeitsagentur bestätigte das bewilligte Kurzarbeitergeld erst auf Antrag, nachdem die Behörde eine Auskunft mit Verweis auf den Datenschutz zunächst verweigerte. Über die Summe teilte sie nichts mit. Sie dürfte aber bei einem durchschnittlichen Gehalt eines Emder VW-Bandarbeiters von 3.639 Euro und abzüglich eines bestimmten Kontingents an verbrauchten Überstunden bei 1,5 bis 2 Millionen Euro liegen. Ein VW-Sprecher rechtfertigte die Zahlungen der Arbeitsagentur: „VW-Mitarbeiter zahlen meistens nur ein, und das nicht zu knapp.“

Dem Werk Emden geht es nicht gut. Das Modell Passat, das dort gebaut wird, wurde zuletzt weniger nachgefragt. Das Werk wird bis Ende des Jahres noch mindestens einmal zwei Wochen schließen, was – anders als beim Stillstand im August – aber über Arbeitszeitkonten ausgeglichen werden soll. Der VW-Konzern ist in Niedersachsen kein normaler Arbeitgeber: das Land hält 20 Prozent der Anteile. Gunnar Hinck