Schnell zum Dr. med., egal wie

Promotion II Medizinische Doktorarbeiten genießen in wissenschaftlichen Kreisen schon lange einen schlechten Ruf

KARLSRUHE taz |Mediziner erstellen ihre Doktorarbeiten in vergleichsweise kurzer Zeit und oft parallel zum Studium: Die Qualität ist schon lange umstritten. Kritiker sprachen schon auf dem Medizinischen Fakultätentag 1925 von der „oftmals zutagetretenden Minderwertigkeit der Dissertationen“.

Der Deutsche Wissenschaftsrat, der Politik in Bund und Ländern berät, prangerte fehlende Qualität als „Pro-forma-Forschung“ mehrfach an und sprach sich für grundlegende Reformen aus: Medizinstudenten sollten beispielsweise schon vor der Doktorarbeit eine verpflichtende wissenschaftliche Arbeit im Studium schreiben. Aktuell promovieren rund 65 Prozent der Medizinstudenten. Zum Vergleich: Von allen Studierenden promoviert bundesweit ein Fünftel.

Die hohe Anzahl der Promotionen in der Medizin hat Auswirkungen auf die Qualität: Daten werden zu oft nicht entsprechend der geltenden Standards erhoben und ausgewertet, Inhalte werden kopiert. Die Plattform Vroniplag identifizierte „Textidentitäten“ in vielen ­medizinischen Dissertationen, auch in der von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

Inzwischen erkennt auch der Medizinische Fakultätentag Probleme an. Der Präsident Heyo Kroemer spricht sich für verbindliche Verfahren zur Qualitätssicherung aus, um den Anteil problematischer Arbeiten deutlich zu verringern. Helfen sollen Promotionsprogramme mit speziellen Kursen und besserer Betreuung. Zusammen mit der Hochschulrektorenkonferenz und dem Wissenschaftsrat werden derzeit Standards erarbeitet. In die Arbeitsgruppe eingebunden ist auch die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd), in der sich Lokalvertretungen von 38 Fakultäten zusammengeschlossen haben.

Hinnerk Feldwisch-Drentrup