LeserInnenbriefe
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Schicksalhafte Weichenstellung

betr.: „Freihandelsabkommen: Präzedenzfall beim EuGH“,taz vom 12. 9. 16

Vielen Dank an Christian Rath für die klare Situationsanalyse. Man fragt sich: Wie soll man für die EU sein, wenn eine Kommission in Brüssel, die offenbar von Industrievertretern beherrscht wird, Entscheidungen trifft, deren Folgen wir alle mit Sicherheit nicht wollen?

Zum Beispiel wurden die Auswirkungen einer Unterzeichnung von Ceta im Bereich Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz bisher kaum öffentlich diskutiert. Der Vertrag hat sehr wohl eine Deregulierung zum Ziel, mit den Folgen einer Absenkung der Standards in den Bereichen Agro-Gentechnik, Umwelt- und Verbraucherschutz (Gutachten Christoph Then, TestBiotech). Es sind Änderungen im Zulassungsverfahren für Pestizide und gentechnisch veränderte Feldfrüchte zu erwarten, für Letztere werden, wie in den USA, keine Sicherheitsprüfungen mehr erforderlich sein, es wird der Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft entfallen. Die Bestrebungen für eine Kennzeichnungspflicht gentechnisch veränderter Lebensmittel sind schon jetzt aufgrund des „regulatory chill“ auf Eis gelegt und werden nicht mehr durchsetzbar sein, ebenso das Verbot zur Patentierung konventioneller Tier- und Pflanzenzucht. Das Vorsorgeprinzip wird in den Hintergrund gedrängt. In Hinblick auf die Zukunft verliert die Gesellschaft auf jeden Fall einen Teil ihrer politischen Gestaltungsfreiheit. Politik wird unter diesen Rahmenbedingungen „alternativlos“ auf die Maßgaben des Freihandels ausgerichtet, alle anderen Politikfelder dem Primat der Wirtschaft untergeordnet.

Die fatalen ökologischen Folgen einer weiteren Industrialisierung der Landwirtschaft werden völlig verkannt. Die geplante Zustimmung der SPD zu Ceta im Ministerrat ist eine schicksalhafte Weichenstellung in die falsche Richtung.

ANITA SCHWAIER, Angermünde

Energieeinsatz runterfahren

betr.: „Bio hilft doch nicht beim Klimaschutz“, taz vom 12. 9. 16

„Für die Klimawirkung sind aber die produktbezogenen Emissionen relevant“, so die Forscher. Ich folgere aus dem Gutachten, dass wir durch flächige Umstellung auf Bio durchschnittlich 25 Prozent Emissionen (absolut!) einsparen könnten, was dann mit einer um 25 Prozent verringerten Produktionsmenge einhergehen würde.

Warum Energie zur Steigerung der Produktionsmenge aufwenden, wenn das Ergebnis dieser Produktionssteigerung Milchpulver- und Butterberge sind, die weltweit Schaden anrichten? Zu nennen wären beispielsweise die skandalöse Futtermittelherstellung (Soja) auf ehemaligen Regenwaldflächen und umgebrochenen Savannenböden, der Preisverfall landwirtschaftlicher Produkte auf den heimischen Märkten und auf den Exportmärkten des globalen Südens.

Wer braucht das, wer will das? Beispielsweise eine exportorientierte Großmolkerei. Sonst noch jemand? Nein? Prima, dann bitte nicht produktbezogen optimieren, sondern einfach Energieeinsatz, Emissionen und Produktionsmenge runterfahren (absolut!). WOLFRAM HOMBURGER, Engen

Staatsorgane ohne Einfluss?

betr.: „Er kam frontal auf mich zugerast“, taz vom 13. 9. 16

Man kann nur hoffen, dass die junge Frau das alles verarbeitet und sich von dem Erlebten erholt hat! Dass es immer wieder Gebiete gibt, wo man denken könnte, hier haben die Staatsorgane keinen Einfluss mehr, sondern irgendwelche rechtsorientierten Gruppierungen, ist einfach erschreckend!

RENÉ OSSELMANN, Magdeburg

Alternativen aufgezeigt

betr.: „Wohnen wie in Paris“, taz vom 13. 9. 16

Das Erfreuliche an diesen beiden Schwerpunktartikeln sind die aufgezeichneten Alternativen. Kleine Wohnungen lösen auch das Problem der Klimaverträglichkeit. Was hilft alles Isolieren, wenn sich die Wohnfläche verdoppelt? Noch einmal sei hingewiesen auf den taz-Schwerpunkt Wohnung vom 10./11. November 2012. Die Salzburger Wohnungsbaugesellschaft hat damals für 292 Wohnungen, Neubaumieten für 4,78 Euro/Quadratmeter hingezaubert, deutlich weniger als die 11 Euro des evangelischen Hilfswerkes in Berlin. KLAUS WARZECHA, Wiesbaden

Solidarität und Verbündete

betr.: „Die taz-Fotografin Marily Stroux wurde jahrelang vom Verfassungsschutz beobachtet: Marilys Liste“, taz vom 6. 9. 16

Marily Stroux handelt meines Wissens verantwortlich; auf schöpferische Weisen mutig für Leben in Freiheit. Sie muss ihre Wege, Gewalt klar zu zeigen, ebenso wie sich Mensch zuzuwenden, nicht legitimieren.

Ich bin froh, dass weiter Frauen und Männer, trotz Schädigung ihrer persönlichen Sphäre, wie hier berichtet, als ein Selbstschutz vor unfreiheitlichen Handlungen politischer Entscheidungstragenden ihre mentalen und physischen Kräfte einbringen für (gewalt)freie Lebensbedingungen. Auch durch journalistische Arbeit, wie ich sie, gar nicht idealisierend, bei der taz feststelle. Ich habe die Zeit des „Häuserkämpfes“ Hafnerstraße, als Quittje, nur lückenhaft begriffen, aber die Polizeieinsätze sind zum Verzweifeln gewesen.

Frau Stroux, ich wünsche Ihnen Solidarität und Verbündete.

MERCEDES SCHMIDT, Schauenburg