Wer will schon nach Bremerhaven?

BILDUNG Bremerhaven bekommt seinen extremen LehrerInnen-mangel nicht in den Griff. Gewerkschaft und Politik sind sich einig: Es liegt am Sparwang, an örtlichen Besonderheiten des Bewerbungsverfahrens – und am Image der Stadt

Bremerhaven fehlt es an LehrerInnen. „Zum Schuljahresbeginn sind 39 Stellen unbesetzt geblieben“, sagt Bernd Winkelmann von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bremerhaven sowie dem Bremerhavener Bündnis für Bildung. Zum Vergleich: In Bremen fehlen zwar etwa genauso viele, nur ist die Stadtgemeinde fünfmal so groß.

Der LehrerInnenmangel bedroht auch die seit 2009 gesetzlich vorgeschriebene Inklusion, denn im sonderpädagogischen Bereich ist es besonders prekär: Von den unbesetzten Stellen sind 30 für SonderpädagogInnen. „Wir stehen zu einem inklusiven Schulsystem“, sagt Winkelmann. „Aber da müssen die Bedingungen stimmen“. Die besondere Betreuung könnten LehrerInnen nicht parallel zum übrigen Unterricht realisieren. Die nötige Entlastung ist angesichts der Personallage nicht möglich.

Mit diesem Problem steht Bremerhaven nicht alleine da. „Der Stellenmarkt ist bundesweit so gut wie leer gefegt. Es gibt kaum ausgebildete SonderpädagogInnen“, sagte Michael Frost (Grüne), Vorsitzender des Schul- und Kulturausschusses.

„Je weiter man in die Peripherie kommt, desto schwieriger wird es“, so Frost. Bremen habe immerhin noch die Uni. „Bremerhaven bildet selbst keine LehrerInnen aus und muss anwerben. Da befinden wir uns in einem bundesweiten Wettbewerb“, sagt Frost. Selbst in Bayrischen Kinos werbe man um Nachwuchslehrkräfte. Bremerhaven habe ein Imageproblem – da sind sich Gewerkschafter Winkelmann und Dezernent Frost einig. Die Besoldung im Land sei niedriger als anderswo und auch die ungewöhnlichen Bewerbungswege sind problematisch: „Viele wissen nicht, dass sie sich in Bremen und Bremerhaven getrennt bewerben müssen, wenn beide Städte eine Option sind“, sagt Frost.

Winkelmann sieht das Problem letztlich auf Bundesebene: „Das Diktat der Schuldenbremse schwebt über allem.“ Man müsse die Gesamtpolitik umsteuern, sagt er. „Eine andere Steuer- und Finanzpolitik muss greifen.“

Dienstag hat sich das Bündnis an den Bremerhavener Ausschuss für Schule und Kultur gewendet. Der soll das Problem nun nach Bremen und Berlin tragen. „Dafür müssen die Bremerhavener PolitikerInnen streiten“, so Winkelmann. Und das, so hieß es am Dienstag, wollen sie auch. Sebastian Krüger