Bremer CDU tief gespalten

Russland Warum sollen unsere guten Handelsbeziehungen zu Russland leiden? Muss man die Souveränität der Ukraine respektieren? Damit, sich in diesen Fragen zu positionieren haben die Christdemokraten in Bremen ihre liebe Not

An der Frage, wie man es mit Putins Russland halte soll, spalten sich die christdemokratischen Geister. Am Mittwoch hatte die CDU zu einer Podiumsdiskussion eingeladen – aber keinen Vertreter aus den eigenen Reihen nach vorn setzen mögen. Auch CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp wollte lieber zuhören.

Die wirtschaftsnahe Position vertrat so auf dem Podium der Chefanalyst der Bremer Landesbank, Folker Hellmeyer. Für ihn sind sowohl die militärischen Aktivitäten russischer Soldaten in der Ukraine wie die Besetzung der Krim eine Reaktion auf eine geopolitische Bedrohung Russlands durch die USA. Er verstehe, dass Russland sich bedroht sehe, wenn die USA „versuchen, über Nicht-Regierungs-Organisationen einen Regimewechsel herbeizuführen“. Um die Menschen in der Ukraine gehe es den USA jedenfalls nicht.

Das sei russische Propaganda, warf ihm der Journalist Jan-Philip Hein vor, den die CDU dem Banker gegenüber gesetzt hatte. Mit dem Argument der Interessenssphären seien russische Truppen auch gegen den Prager Frühling vorgegangen. Hein verwies darauf, dass die Ukraine als souveräner Staat anerkannt ist, dessen Integrität auch Moskau in dem Budapester Memorandum anerkannt hat, als es darum ging, dass Kiew die auf ukrainischem Gebiet stationierten Atomraketen an Moskau abgeben sollte.

Das irritierte Hellmeyer nicht. Die Annexion der Krim müsse man „akzeptieren“, erklärte er, die sei sowieso nur durch den besoffenen Chruschtschow verwaltungsmäßig der Ukraine zugeschlagen worden, damals ein „Fehler“ – die Krim sei im Grunde immer russisch geblieben. Der Verweise auf das gebrochene Völkerrecht zeigt für ihn eine „asymmetrische Brille“ – man solle doch lieber auf die die rücksichtslose Interessenpolitik der USA schauen. Hellmeyer sprach von der „Putschregierung Poroschenko“ und meinte, was auf der Krim passiert sei, sei jedenfalls „sehr viel demokratischer als der Maidan“. Die Ukraine sei ein hoffnungslos korrupter „faled state“ und wirtschaftlich allein nicht überlebensfähig, zu 70 Prozent mit Russland ökonomisch verflochten. „Das war immer ein geteiltes Land“, spielte Hellmeyer auf eine mögliche Abtrennung der ostukrainischen Gebiete an, vielleicht seien „andere Lösungsansätze richtiger“.

Bei der Zustimmung Russlands zur Deutschen Einheit auch von deutscher Seite zugesagt worden, dass die NATO nicht näher an Russland heranrücken werde. Der Weste sei wortbrüchig, die russischen Sicherheitsinteressen würden „Respekt“ verdienen, und überhaupt: die wirtschaftliche und politische Machtachse verschiebe sich, die EU sollte die Gespräche mit den aufstrebenden asiatischen Mächten pflegen – die USA seien eine Macht im Niedergang.

Das ist ein Weltbild, dem auch Putin-Anhänger mit eher kommunistischer Vergangenheit im Saal zustimmen konnten. Hellmeyer fand Zustimmung bei einigen Unternehmern, die mit Russland Handel treiben. Als Vertreter des CDU-Wirtschaftsrates stellte sich Hans von Helldorff hinter ihn. Kritisch meldete sich von der CDU hingegen Bildungspolitiker Thomas vom Bruch zu Wort: Wenn es ein rechtfertigendes Argument sei, dass Russland sich eingekreist fühle – „was darf Russland denn noch?“ Zur völkerrechtlichen Frage äußerte sich der Jurist Röwekamp nicht.

Klaus Wolschner