Portrait
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Marianne Buggenhagen (63) tritt bei den Paralymics an Foto: imago

Die alte Dame des Diskuswurfs

Angeblich sind es ihre letzten Spiele. Mit den heute beginnenden Paralympics in Rio de Janeiro will Marianne Buggenhagen ihre Karriere beenden. Allerdings hat die erfolgreichste deutsche paralympische Sportlerin bereits vor acht Jahren verkündet, sie wolle nach den Spielen von Peking 2008 aufhören. Alle haben ihr das damals abgenommen. Schließlich war sie schon 55 Jahre alt. Nun ist sie in Rio mit 63 Jahren immer noch dabei – die Älteste natürlich im deutschen Aufgebot. Und wie stets zählt sie zu den großen Medaillenkandidatinnen.

Ihre Form stimmt. Bis zu drei Stunden hat sie wieder täglich trainiert. Mitte Juni hat sie bei der Europameisterschaft im italienischen Grossetto im Diskuswurf standardgemäß Gold und im Kugelstoßen Silber gewonnen. Ihre Erklärung muss sich für schwächelnde Seniorensportler unbarmherzig anhören. Sie sagt: „Leistung ist keine Frage des Alters.“ Neun Goldmedaillen hat sie bei fünf Teilnahmen an den Paralympics umgehängt bekommen. Die Hoffnung auf die zehnte Goldplakette nährt der Umstand, dass im Unterschied zu den Spielen in London 2012 ihre Paradedisziplin, der Diskuswurf, wieder auf dem Programm steht.

Seit 1977 sitzt Buggenhagen im Rollstuhl. Ein Bandscheibenvorfall hatte eine Querschnittlähmung zur Folge. Sie probierte sich damals in der DDR sogleich als Sportlerin aus. „Wenn ich den Sport nicht gehabt hätte, wäre ich asozial geworden“, schrieb sie in ihrer Autobiografie. Spätestens seit 1994, als sie vor Franziska van Almsick und Steffi Graf zu Deutschlands Sportlerin des Jahres gewählt wurde, ist sie bundesweit bekannt.

Dass sie bis heute das Gesicht des deutschen paralympischen Sports ist, erzählt einiges über die schleppende Entwicklung in diesem Bereich. Buggenhagen hebt die Fortschritte hervor, erklärt aber auch, es sei ein Marathon, bei dem man erst die 1.000-Meter-Marke erreicht habe. Die Arbeit will sie künftig anderen überlassen – angeblich. Was sie stattdessen machen will? „Den Anglerschein“, behauptet sie. Zudem arbeitet sie als Sozialarbeiterin in einer Berliner Klinik für Querschnittsgelähmte. Johannes Kopp

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