Geheimbericht Bundesdatenschutzbeauftragte rügt globale Überwachungspraxis des BND
: Daten Unbescholtener

Aus Karlsruhe Christian Rath

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff (CDU) hat die globale Überwachungspraxis des Bundesnachrichtendienstes (BND) massiv beanstandet. Dies geht aus einem bisher geheimen 60-seitigen Bericht hervor, den netzpolitik.org jetzt veröffentlichte.

Der Bericht wurde durch die Enthüllungen von Edward Snowden über die Zusammenarbeit des US-Geheimdienstes NSA mit dem deutschen BND ausgelöst. Voßhoffs Vorgänger Peter Schaar kontrollierte damals die BND-Außenstelle Bad Aibling, die früher von der NSA geführt wurde. Er erstellte einen „Sachstandsbericht“, den Voßhoff nun rechtlich bewertete.

Der BND bezieht mehrmals täglich von der NSA sogenannte Selektoren, mit denen er internationale Datenströme filtert: Begriffe und Namen, überwiegend aber Telefonnummern, E-Mail-Adressen und Ähnliches. Voßhoff rügt, dass der BND diese „personenbezogenen“ Daten ohne jede Erforderlichkeitsprüfung nutzt.

Auch die automatische Übermittlung aller Treffer an die NSA wertete Voßhoff als Datenschutzverstoß. Nur nach einer Einzelfallprüfung dürften sensible Daten an andere Nachrichtendienste weitergegeben werden. Zudem habe die Aussortierung von Deutschen vor der Übermittlung nicht richtig funktioniert.

Die Selektoren und die daraus folgenden Treffer werden beim BND in Dateien gespeichert, für die jedoch keine „Dateianordnung“ bestand. Das führte dazu, dass weder das Kanzleramt der Einrichtung der Dateien zustimmte noch die Datenschutzbeauftragte eingebunden war. Die Daten müssten gelöscht werden, so Voßhoff. Die Metadaten, die der BND weltweit erfasste, wurden insgesamt neunzig Tage lang gespeichert und ausgewertet. Via Satellit wurden Daten in Afghanistan erfasst (Codename ZABBO), in einem „außereuropäischen“ Staat mithilfe eines fremden Dienstes auch Kabelkommunika­tio­nen abgegriffen (Codename SMARAGD). Voßhoff beanstandete, dass dabei überwiegend Daten von Unbescholtenen gespeichert werden. Auch bei dem berüchtigten NSA-Programm XKeyscore würden „unbescholtene Personen“ in großem Ausmaß erfasst.

Voßhoff widersprach dem Standpunkt des BND, dass für die im Ausland gewonnenen Daten deutsches Recht nicht gelte. Da die Daten in Deutschland gespeichert und bearbeitet werden, sei auch deutsches Recht anwendbar. Sie bemängelte, der BND habe ihre Kontrollen behindert und damit seine „Unterstützungspflicht“ verletzt. Die Große Koalition hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die bisher rechtswidrigen BND-Praktiken legalisieren soll.